Eine schwangere Maria im Kloster. Ausgerechnet hier, denkt sich Sr. Marie-Pasquale Reuver, und macht sich Gedanken zur Sehnsucht, dass das Warten auch mal ein Ende hat.
Bei uns im Kloster steht in der Kirche eine schwangere Maria. Am Anfang musste ich über sie lächeln: Ausgerechnet hier bist du schwanger dargestellt…! Mit den Jahren ist mehr Beziehung gewachsen. Manchmal mag ich sie, wie sie da steht, die Hoffnung, die sie ausstrahlt, die Freude über das werdende Leben. Und sie regt mich an nachzudenken, was denn in meinem Leben, durch mich, zur Welt kommen soll und wo ich denn „guter Hoffnung“ bin. Manchmal, da regt sie mich aber auch auf: Immer guter Hoffnung…! Das kann doch keine aushalten! Immer auf etwas hin zu leben, in Erwartung sein. Es muss doch auch mal gut sein. Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Frau gegen Ende der Schwangerschaft sagen würde: „Ach, da hänge ich gerne noch ein paar Wochen dran!“ So schön eine Schwangerschaft und die verbundene Vorfreude auch ist – irgendwann ist auch mal vorbei mit warten, und der Grund des Wartens sollte sich erfüllen… Gerade jetzt in dieser speziellen Zeit provoziert mich Maria: Ich habe genug vom Warten! Ich möchte mich wieder gefahrlos mit Menschen treffen können, keine Sorgen mehr um Ansteckung haben, nicht mehr bei Allem Corona Bedingungen mitbeachten – schlicht: ich warte auf Normalität! Und Maria lächelt mir still hoffnungsschwanger entgegen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Maria einfach nur gerne schwanger war und ganz geduldig. Sie hatte sicherlich so ihre großen und kleinen Sorgen, wie das alles werden soll. Ich glaube nicht, dass ihr all die Unsicherheiten ihres Lebens und des Lebens der kleinen Familie nichts ausmachten. Und doch heißt es: „Sie bewahrte alles in ihrem Herzen.“ – nach der Geburt Jesu (Lk 2,19), aber auch nach der Episode, wo ihr pubertärer Sohn einfach mal ohne Absprachen im Tempel bleibt und, statt sich zu entschuldigen oder ihre Sorgen zu verstehen, noch einen draufsetzt (Lk 2,51). Maria bleibt hoffnungsvoll: Sie geht zu ihm, wird abgewiesen und ist dennoch unter dem Kreuz da. Ja, irgendwie ist Maria tatsächlich dauerschwanger. Sie bleibt guter Hoffnung. Sicher nicht ohne Fragen und Erschütterungen. Ganz sicher nicht lächelnd. Aber die Hoffnung setzt sich durch.
Hoffnung ist nicht Sicherheit, Schwangerschaft immer auch ein Risiko. Hoffnung ist gefährdet enttäuscht zu werden. Und eine Geburt ist nicht nur schön, sondern auch schmerzhaft. Aber ohne Hoffnung steht das Leben still. So sehr mich unsere schwangere Maria provoziert: Sie zeigt mir auch, wonach ich mich sehne: hoffnungsschwanger sein, über alle Einschränkungen hinweg eine Lebenshoffnung spannen, neuen Anfang spüren, ganz im Sinne des Ausspruches bei Jesaja 43,18f. in der Übertragung von Huub Oosterhuis: „Starre nicht auf das, was vorher war. Steh nicht still im Vergangnen. Ich, sprach Er, wage neuen Anfang. Es hat schon begonnen. Spürst Du es nicht?“
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Sr. Marie-Pasquale Reuver osf ist Pastoralreferentin und Klinikseelsorgerin in Bad Saulgau.
Bild: privat