Gott ist herabgestiegen aus seiner Allmacht und Unberührbarkeit. Er ist heruntergekommen – in seine Schöpfung und an die Seite der Heruntergekommenen. Adventspoesie Teil 4 von Johann Pock – mit Überlegungen zum Motiv des heruntergekommenen Gottes.
Geboren in einem Viehstall
die Eltern auf Herbergsuche
und dann noch auf der Flucht nach Ägypten:
was für ein Lebenslauf für einen angehenden
König und Gottessohn!
Ganz schön heruntergekommen
ist der Schöpfer der Welt:
herabgestiegen aus der Unberührbarkeit
entflohen den schützenden Reinheitsvorschriften
und priesterlichen Zugangsbeschränkungen.
Und nun ist Gott zu finden
unter den Heruntergekommenen
den Zu-kurz-Gekommenen
den Gefangenen und Verachteten
den Flüchtlingen und Ausgestoßenen
den Kleinen und Schwachen
den Kranken, Trauernden und Einsamen.
Der heruntergekommene Gott
ist jetzt einer von uns.
Der Unberührbare
rührt zu Tränen von Freude und Leid
und ist selbst zu Tränen gerührt.
Das Herunterkommen veränderte zugleich
den Blick Gottes auf den Menschen.
Erste werden Letzte
und Letze werden Erste sein.
Der Wechsel der Perspektive ist
auf ewig eingeschrieben in die
Herzwunde des Gottessohnes.
Diesem Gott begegne ich
nicht mehr zuerst im Tempel und in Kirchen
sondern in den Höhen und Tiefen des Alltags
in der Stille und im Lärm
und vor allem
im Antlitz meiner Nächsten.
—
Johann Pock ist Redaktionsmitglied von feinschwarz.net und Professor für Pastoraltheologie in Wien.
Beitragsbild: pixabay
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