Der Zugang der Frauen zu religiösen Leitungsämtern ist eine Frage der Gerechtigkeit, sagt die Juristin Denise Buser.
Die Frage des Zugangs von Frauen zu Leitungsämtern ist bei allen Religionsgemeinschaften seit vielen Jahren in Diskussion. Viele christliche Kirchen haben die Frauenordination eingeführt, so beispielsweise 1992 die Anglikaner in England und die deutschen Lutheraner. Beide Kirchen haben den Frauen auch das bischöfliche Leitungsamt zugänglich gemacht. 1999 beschlossen die Christkatholiken der Schweiz die Zulassung der Frauen zum Priesteramt. Pionierin unter den christlichen Kirchen ist die Evangelisch-reformierte Kirche der Schweiz. Die erste Frauenordination fand 1918 in Zürich statt. Die Amtseinsetzung der Pfarrerin in die Kirchgemeinde Neumünster wurde dann allerdings vom Bundesgericht verhindert, nachdem sich schon der Regierungsrat des Kantons Zürich quer gestellt hatte. Wegen des fehlenden Aktivbürgerrechts sei das öffentliche Pfarramt für Frauen nicht zugänglich, folgerte das Gericht in seiner Begründung von 1921.[1] Dies, obwohl es in der damaligen Bundesverfassung bereits einen Artikel gab, wonach „alle Schweizer vor dem Gesetz gleich sind“. Bekanntlich hat jedoch das Bundesgericht im Emilie-Kempin-Entscheid (1887) festgehalten, dass mit Schweizer die Schweizerinnen nicht gemeint seien.[2]
Die erste Frauenordination fand 1918 in Zürich statt. Die Amtseinsetzung … verhindert.
Die Gleichstellung der Frauen geht – wie auch die Gleichstellung von anderen historisch benachteiligten Personengruppen, zu denen beispielsweise Behinderte oder Homosexuelle zählen – prozesshaft vonstatten. Die Entwicklung ist weiter im Fluss:
- So sind Bischöfinnen in der anglikanischen Kirche von England seit November 2014 neu zugelassen; einige anglikanische Kirchen ausserhalb von England liessen schon vorher Bischöfinnen zu.
- In der Schweiz sind Anfang 2015 in einer tamilischen Hindu-Gemeinschaft in Bern erstmals Frauen zu Priesterinnen geweiht worden; ein Ereignis, das weltweit für Beachtung sorgte.
Bei den Religionsgemeinschaften kann man vereinfacht ausgedrückt drei Gruppen im Hinblick auf die Rolle der Frau unterscheiden.
- Religionsgemeinschaften, die Frauen den Zugang zu Leitungsämtern ermöglichen (z.B. einige christliche Kirchen, Reformjudentum);
- Religionsgemeinschaften, die keine ausdrücklichen Ausschlussgründe für Frauen kennen, bei denen jedoch gesellschaftliche Barrieren oder traditionelle Rollenzuschreibungen die Zulassung von Frauen zu Leitungsämtern faktisch verhindern oder die auf die Frauenordination verzichten (so schreibt z.B. die Neuapostolische Kirche Schweiz auf ihrer Homepage ausdrücklich „Derzeit werden in der Neuapostolischen Kirche Frauen nicht ordiniert.“)
- Religionsgemeinschaften, die Frauen durch religionsrechtliche Bestimmungen ausdrücklich von den Leitungsämtern ausschliessen.[3]
Mit dem Grundrecht auf Gleichstellung der Geschlechter ist der ausdrücklich festgeschriebene und in der Regel in einer nationalen Verfassung oder einem völkerrechtlichen Vertrag formulierte Anspruch auf rechtliche und tatsächliche Gleichbehandlung der Geschlechter gemeint.[4] Die Entsprechung dazu bildet das Verbot der Diskriminierung. Grundrechte sind klassischerweise als Abwehrrechte gegenüber dem Staat konzipiert. Es gibt aber auch Grundrechte, z.B. die Lohngleichheit, die gegenüber privaten Dritten eingeklagt werden können. Mit dem juristischen Ausdruck „private Dritte“ sind alle Privatpersonen und nichtstaatlichen Institutionen gemeint. Grundrechte gehen auf die Menschenrechtsidee zurück, also auf das Konzept, dass der Mensch um seiner selbst Willen mit Rechten ausgestattet ist. Es ist dies ein Menschenbild, das nicht zuletzt auch durch die Religionsschriften beeinflusst ist. Man kann an dieser Stelle durchaus vermerken, dass Grundrechte und auch das Gleichstellungsprinzip somit nicht in einem Gegensatz zur Religion stehen. Auch die eindrückliche Bibelstelle in Galater 3,28, wonach keine Unterschiede zwischen Mann und Frau gemacht werden sollen, darf als idealistischer Gleichstellungsansatz im biblischen Kontext gesehen werden.
Man kann an dieser Stelle durchaus vermerken, dass Grundrechte und auch das Gleichstellungsprinzip somit nicht in einem Gegensatz zur Religion stehen
Faktisches Nebeneinander von staatlichem und religiösem Recht
Grundsätzlich gilt eine strikte Anwendung der staatlichen Rechtsordnung. So könnte sich beispielsweise keine Religionsgemeinschaft darauf berufen, der Konsum einer strafrechtlich verbotenen Droge sei religiös vorgeschrieben.[5]
Wie ist jedoch mit einer kirchenrechtlichen Bestimmung umzugehen, die Frauen ausdrücklich ausschliesst? Eine solche Ausschlussnorm formuliert Canon 1024 des Rechtsbuchs der römisch-katholischen Kirche, der sogenannte Codex Iuris Canonici (CIC), wenn es dort heisst: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“
Im öffentlichen Recht besteht zunächst eine Koexistenz von staatlichem und religiösem Recht, die durch das Staatskirchenrecht geregelt wird. Beim Staatskirchenrecht handelt es sich um diejenigen staatlichen Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Staat regeln. Das Staatskirchenrecht ist durch eine grosse Zurückhaltung geprägt, zumal der Staat möglichst religionsneutral sein will, ohne die Religionsgemeinschaften zu negieren.
Zu beachten ist zudem noch, dass das Gleichstellungsrecht ein relativ neues Rechtsgebiet ist. Deshalb sind die Widersprüche und Kollisionen zu religiösen Vorschriften noch wenig untersucht.
Um nun zu klären, wie der Konflikt zwischen der genannten Bestimmung aus dem CIC mit dem staatlichen Gleichstellungsprinzip („Mann und Frau sind gleichberechtigt.“) oder dem im internationalen Recht festgeschriebenen Diskriminierungsverbot zu lösen ist, muss noch das sogenannte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ins Spiel gebracht werden.
Während etwa in Deutschland das Grundgesetz dieses Recht ausdrücklich gewährleistet, ist es nach schweizerischem Staatskirchenrecht unklar, wie weit ein solches besteht, weil die Bundesverfassung sich dazu nicht äussert und eine eindeutige Rechtsprechung fehlt. Allerdings wird gemeinhin davon ausgegangen, dass auch für die Religionsgemeinschaften in der Schweiz von einem Selbstbestimmungsrecht auszugehen ist. Dies vor allem auch, soweit es das kantonale Staatskirchenrecht vorsieht (in der Schweiz gehört die Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Religionsgemeinschaft in den Kompetenzbereich der Gliedstaaten, also der Kantone). In meiner Untersuchung „Die unheilige Diskriminierung“ bin ich von einem Selbstbestimmungsrecht ausgegangen, weil die Religionsfreiheit meines Erachtens aufgrund der glaubensgemeinschaftlichen Strukturen notwendigerweise auch ein korporatives Element enthalten muss.
…weil die Religionsfreiheit meines Erachtens aufgrund der glaubensgemeinschaftlichen Strukturen notwendigerweise auch ein korporatives Element enthalten muss.
Die Frage, ob das Grundrecht auf Gleichstellung bzw. das Diskriminierungsverbot auch gegen Religionsgemeinschaften geltend gemacht werden kann, stellt sich vor allem dort, wo Religionsgemeinschaften eine gewisse Nähe zum Staat aufweisen. Das kann etwa bei öffentlich-rechtlichen Anerkennungen der Fall sein. Ähnliche Konstellationen können aber auch in der Zusprache von (quantitativ erheblichen) öffentlichen Geldern gesehen werden (z.B. staatlich besoldete Pfarrstellen oder andere Subventionen zugunsten von Religionsgemeinschaften). Die vom Staat dotierten Institutionen werden dadurch nicht zu staatlichen Gemeinwesen, aber der Staat drückt damit aus, dass sie Aufgaben erfüllen, die unterstützungswürdig oder anerkennungswürdig sind.
Hier kommt dann aber folgende Problematik ins Spiel: Darf der Staat Institutionen unterstützen, die diskriminieren? Handelt der Staat da nicht widersprüchlich? Kann der grundrechtsgebundene Staat Rechte weitergeben oder Kooperationsformen anwenden, die grundrechtslosgelöst sind?
Darf der Staat Institutionen unterstützen, die diskriminieren?
Wenn es zu einem Streitfall kommt zwischen einer diskriminierten Frau und einer Religionsgemeinschaft, könnte ein Gericht die „Spur zurückverfolgen“ und an den Kreuzpunkt gelangen, wo der Staat (via verschiedene Kooperationsformen) ins Spiel gekommen ist. Im Konfliktfall könnte hier ein Gericht das Eingangstor bzw. den Anknüpfungspunkt für den Grundrechtsbezug sehen.
Verfahren der Güterabwägung: Harmonisierung der Kollision zwischen verschiedenen Grundrechten
Kommt man also zum Ergebnis, dass ein Zusammenprall zwischen dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften und dem Gleichstellungsanspruch der Frauen vorliegt, dann ist in einem Streitprozess eine Güterabwägung durchzuführen. Im Rahmen einer solchen Güterabwägung sind die Argumente bzw. Interessenslagen beider Seiten in einer Gegenüberstellung nach ihrer Priorität zu analysieren und zu gewichten. Am Schluss ist zu entscheiden, welches Interesse den Vorrang hat.
Auf Seiten der Selbstbestimmung der römisch-katholischen Kirche sind es zusammengefasst die folgenden Argumente, die in die Waagschale zu legen sind:
- Kernzuständigkeit der Amtskirche bei der Definition der Glaubensvorstellungen; und im Rahmen dieser Glaubensvorstellungen
- die Ausschliesslichkeit des Männerpriestertums, die sich auf folgende Argumente stützt:
- die 2000-jährige Tradition;
- die ununterbrochene Sukzession (Amtsnachfolge von den Aposteln zu den Bischöfen bis heute);
- das Mannsein von Jesus;
- die Berufung von 12 Aposteln.
Auf der anderen Seite – der Seite der diskriminierten Frauen – sind folgende Argumente zu berücksichtigen:
- die Ergebnisse aus der theologischen Forschung: es wurde nachgewiesen, dass die Unsichtbarkeit der Frau im christlichen Bereich nicht gottgewollt, sondern vor allem eine Folge patriarchaler Zeitumstände und Rezeption ist. So wurde etwa auch die Existenz von Apostelinnen nachgewiesen. In der theologischen Forschung finden sich zudem zahlreiche wissenschaftliche Aussagen über die Zulässigkeit der Frauenordination. Solche Forschungsresultate aus der Theologie sind auch in einer juristischen Güterabwägung zu berücksichtigen.
- In einem Gutachten der vatikanischen Bibelkommission kamen die Experten zum Ergebnis, dass in der Bibel keine Ausschlussgründe für Frauen im Priesteramt zu finden sind.[6]
Es gibt aber noch weitere Gewichtungsfaktoren, die bei der Güterabwägung eine Rolle spielen.
- An erster Stelle ist der Paradigmenwechsel im Geschlechterdiskurs bezeichnen: Gläubige wollen heute Priesterinnen. Es handelt sich hierbei um eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte, die heute als gefestigt betrachtet werden kann. Ein kleines, aber illustratives Beispiel dafür ist die katholische Abstimmungspremiere in den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft vom 28. September 2014. Die Angehörigen der katholischen Kantonalkirchen haben damals mit überwältigender Mehrheit zugestimmt, dass in den Kirchenverfassungen ein Passus aufgenommen wird, in dem der Reformwunsch der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht, festgeschrieben wird;
- Aus der Akzeptanz der Gemeindeleiterin im Altarraum kann ebenfalls ein Konsens unter den Gläubigen über den Zugang der Frauen zu allen Ämtern abgelesen werden.
- Schliesslich spielt bei der Güterabwägung auch eine Rolle, wenn die Argumentation einer Seite Widersprüche aufweist. Ein solcher Widerspruch ist beim Festhalten am traditionellen Amtsverständnis vorhanden, da dieses Festhalten wegen des Priestermangels letztlich zu einem Niedergang der Traditionen führen kann. Priestermangel ist nicht nur in Westeuropa ein Thema, sondern mehr und mehr auch in traditionellen katholischen Regionen wie Süd-Amerika.
- Ein weiteres Argument oder ein Gewichtungsfaktor kann auch darin gesehen werden, dass keine reelle Gefahr einer Aufspaltung der Gläubigengemeinschaft bei Einführung der Frauenordination besteht; das wiederum kann man aus den bisherigen Erfahrungen der Religionsgemeinschaften ableiten, die die Frauenordination bereits eingeführt haben.
Güterabwägung heisst, dass man die Interessen beider Seiten optimal berücksichtigen und die einzelnen Argumente bewerten muss, indem man sie in ihrer Plausibilität misst. Angesichts des nationalen und internationalen Gleichstellungsrechts, angesichts auch des gestiegenen Bewusstseins für die Gleichberechtigung der Frauen müssen die Argumente gegen eine Zulassung umso gewichtiger sein, um die Interessen an der Durchsetzung der Gleichberechtigung aufzuwiegen.
Güterabwägung heisst, dass man die Interessen beider Seiten optimal berücksichtigen und die einzelnen Argumente bewerten muss, indem man sie in ihrer Plausibilität misst.
Ein weltliches Gericht wird die Priesterweihe der Frauen nicht einführen. Aber es ist vorstellbar, dass sich eine Theologiestudentin auf dem Gerichtsweg den Zugang zum Priesterseminar erstreitet, dass eine Laientheologin den gleichen Lohn wie ein Priester erhält, oder dass eine Pastoralassistentin, die sich contra legem weihen lässt, ihr „Pfarr“amt behalten kann. In solchen Konstellationen ist denkbar, dass ein Gericht die Gleichstellungsargumente höher gewichtet als die Traditionsargumente. Es ist aber eine Vielzahl von weiteren Konstellationen denkbar, in denen ein Gericht mit der Frage konfrontiert ist, wie mit dem Ausschluss der Frauen im Religionsbereich umzugehen ist. Ein solcher Fall könnte sich auch wie folgt abspielen:
Ein Religionslehrer (mit ordentlicher Missio) unterrichtet eines Tages seine Schüler und Schülerinnen über die Diskriminierungsproblematik in der katholischen Kirche. Er untersteht möglicherweise einem strengen Bistum. Die Missio wird ihm entzogen, weil er gegen den päpstlichen Endgültigbescheid (Ordinatio Sacerdotalis, 1994) verstossen hat. Würde der Staat nun die Entfernung aus dem Dienst als Religionslehrer verfügen, würde dies dazu führen, dass der Staat gegen sein eigenes Gleichstellungsrecht handeln müsste. Dies würde zu einem Widerspruch führen, den man anders lösen müsste. Im Falle des Theologen Hans Küng, dem die Missio wegen Kirchenkritik entzogen wurde, hat sich der Staat so beholfen, dass er für den Professor der Theologie ein eigenes Religionsinstitut schaffte, wo dieser nach den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter forschen und unterrichten konnte. Auch damals gab es eine Kollision zwischen zwei Grundrechten: der Religionsfreiheit und der Wissenschaftsfreiheit.
Ablaufschema: Grundrechtskollision und Güterabwägung
Dass es sich bei der Gleichstellungsfrage um einen prozesshaften Vorgang handelt, zeigt auch ein Gerichtsfall aus Amerika aus dem Jahre 1996. Damals musste sich das Appellationsgericht von Columbia mit der Professur einer Kirchenrechtlerin an einer katholischen Universität befassen. Schwester Elizabeth McDonough war die erste Frau gewesen, die an der Fakultät als Assistenzprofessorin zugelassen worden war. Im Verlaufe des weiteren Bewerbungsverfahrens stellte sich ein oberes Berufungskomitee gegen ihre Wahl. Elizabeth McDonough machte vor Gericht geltend, die Kritik an ihrem Leistungsausweis sei nur vorgeschoben, sie sei vielmehr wegen ihres Geschlechts diskriminiert worden. Dem hielt jedoch das Gericht entgegen: Die Anwendung der Bestimmungen über das Diskriminierungsverbot bei Anstellungen (Discrimination in Employment Act) würde zu sehr in die Religionsfreiheit eingreifen, also auch in die Freiheit der Auswahl der Amtsträger.
Damals (vor fast 20 Jahren) wurde keine systematische Güterabwägung durchgeführt. Das Gericht beliess es vielmehr bei der Feststellung des drohenden Eingriffs in die Religionsfreiheit; dies allerdings ohne jede Begründung, weshalb von einer Güterabwägung abgesehen werden kann.
In neueren Aufsätzen wird nun diese Rechtsprechung von amerikanischen Staatsrechtlern kritisiert. Es wird daraufhin gewiesen, dass man eine vollständige Güterabwägung durchführen muss, in der nicht nur der drohende Eingriff in die Religionsfreiheit analysiert wird, sondern auch die Erheblichkeit des öffentlichen Interesses an der Durchsetzung des Gleichstellungsprinzips.[7]
Abschliessend möchte ich noch festhalten, dass hinter der juristischen Problematik auch eine menschliche Dimension steht. Die Nichtbeachtung der Berufung von Theologinnen ist auch eine menschliche Tragödie, indem hier ein Potential nicht gelebt werden darf bzw. nicht ausgeschöpft wird. Insofern führt auch die Anwendung des Gleichstellungsprinzips auf Religionsgemeinschaften zu keinen absurden Ergebnissen – ganz im Gegenteil!
Der Gedanke der Gleichstellung der Geschlechter nimmt auch Bezug auf die positive Tradition der Kirchengeschichte, die eine ganze Reihe hervorragender Frauen vorweisen kann. Diese Frauen – Apostelinnen des Urchristentums, berühmte Klosterfrauen, Heilige und Mystikerinnen – haben die christliche Kirche auf höchster Stufe bereichert. Der Weihestatus wurde ihnen – wohl zu ihrer Zeit ziemlich bedenkenlos – versagt. Dies als eine irgendwie weiterzuführende Tradition anzuerkennen, finde ich als Juristin und Katholikin weniger denn je nachvollziehbar.
Denise Buser, Titularprofessorin für kantonales öffentliches Recht an der juristischen Fakultät der Universität Basel, Autorin der Studie „Die unheilige Diskriminierung – Eine juristische Auslegeordnung für die Interessenabwägung zwischen Geschlechtergleichstellung und Religionsfreiheit beim Zugang zu religiösen Leitungsämtern“, Münster 2014. Der vorliegende Text beruht auf einem Vortrag in der „Woche der Religionen“ am 3. November 2015 am theologischen Seminar der Universität Basel.
(Bild: Q.pictures / pixelio.de)
[1] Bundesgerichtsentscheid (BGE) 47 I 484 ff. von 1921, veröffentlicht unter: http://servat.unibe.ch/dfr/dfr_bge04.html (das Gerichtsurteil ist in der Liste als PDF abrufbar).
[2] Die erste Schweizer Juristin wollte zur Führung des Anwaltsberufs zugelassen werden. Der Entscheid von 1887 ist veröffentlicht unter: http://servat.unibe.ch/dfr/c1013001.html.
[3] Neben der römisch-katholischen Kirche gehören dazu auch die katholischen Ostkirchen, siehe Canon 754 des Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium: Sacram ordinationem valide suscipere potest solus vir baptizatus.
[4] Eine der grundlegendsten internationalen Rechtsquelle zum Gleichstellungsrecht der Geschlechter stellt die UNO-Frauenkonvention von 1979 dar. Die deutsche Fassung der Konvention samt Angaben zu den Vertragsstaaten finden sich unter: https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19983322/index.html.
[5] Vgl. dazu den Fall des U.S. Supreme Court Employment Div. v. Smith. 494 U.S. 872 (1990); es ging dabei um den sakramentalen Einsatz der halluzinogenen Droge Peyote von zwei Mitgliedern der Native American Church. Während viele Gliedstaaten der USA Gesetze kennen, die den religiösen Konsum der Droge Peyote zulassen, entschied der U.S. Supreme Court, dass es die Religionsfreiheit nicht verletze, den sakramentalen Konsum auch zu verbieten.
[6] Das Gutachten wurde nie offiziell publiziert. Es ist jedoch abgedruckt in: Swidler, Leonard/Swidler, Arlene (eds), Women priests, A Catholic Commentary on the Vatican Declaration, New York/Ramsey/Toronto 1977, 338 ff.
[7] Cass R. Sunstein, On the Tension between Sex Equality and Religious Freedom, in: Silvio Ferrari/Rinaldo Cristofori (eds), Current Issues in Law and Religion, Vol. IV, Surrey/Burlington 2013, 367 ff.