Die Kolumne für die kommenden Tage 55
„Schon komisch, wie von einem auf den anderen Tag nichts ist, wie’s vorher war. Aus Plänen werden dann Alternativen, die man vorher nicht mal sah.“ „Zusammen allein“ von Kuult
So in etwa stelle ich mir Ostern vor. Oder Pfingsten. Oder beides.
Ostern ist wie eine Tür, die an den Karfreitagen unseres Lebens nicht zu sehen und an den Karsamstagen schier unerreichbar scheint. Ostern ist, sie dann zu durchschreiten. So, oder so ähnlich stand das auf einigen meiner spontanen Osterkarten, in einem Moment voller Dankbarkeit für dieses Osterfest geschrieben. Plötzlich sind da wieder Alternativen, sind da wieder Türen, ist da wieder Licht; zumindest für mich.
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Und dann ist wieder Karfreitag. Keine Türen, kein Licht. Stattdessen ein Kreuz, eine Grenze.
Eine Freundin schrieb mir vor ein paar Wochen in Bezug auf die derzeitige Situation, es sei schon komisch, „diese Variable“ auf Dauer sicher mit einplanen zu müssen. Eine Variable. Sicher mit einplanen.
Beim Anleiten einer Kreuzmeditation in der Karfreitagsliturgie werde ich mir unserer, meiner Grenzen bewusst; so viel, was nicht geht; so viel, was ich mir für diese Welt und mein Leben anders wünsche.
Und dann ist wieder Karsamstag. Schier unerreichbare Türen. Kaum schimmerndes Licht. Begrenztheit. Was tun, wenn alles zerbricht?
Wenn alles in Scherben liegt, die Tür so unerreichbar scheint und nichts mehr geht, was dann? „Ich geh fischen.“ (Joh 21) sagt Petrus und tut es. Nach diesem Gedanken beim online-Bibelteilen kommt die Rückfrage, was mein „ich geh fischen“ sei. Meine spontane Antwort: Gitarre spielen, oder einfach weg, am besten auf Inlinern und so etwas wie Freiheit oder Türen suchen.
Und dann ist wieder Ostern. Die Tür. Das Licht. Die Alternative, die man, die ich, vorher nicht mal sah. Irgendwas zwischen Actionbound-Kreuzweg, online-Pubquiz, Zoom-Impuls, Splitscreen-Musizieren, mündlichen-online-Prüfungen und podcasten.
Und wenn es sich dann, nach einer sehr kurzen Nacht auf dem Balkon, während des Streams einer bewusst eucharistiefreien und grenzenlosen Osternacht beim Segnen meiner Osterkerze und des Wassers, in dem sie steht, anfühlte wie Ostern; wer will mir das absprechen?
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Da ist Ostern. Zwischen all den Karfreitagen und Karsamstagen ist da immer wieder Ostern. Ich denke eher, es wird Zeit, dass Pfingsten wird, und der Geist dazwischen kommt; dass wir anfangen, die Alternativen, die wir vorher nicht mal sahen, nicht bloß zu denken, sondern zu tun, und dadurch sichtbar werden zu lassen, was es heißen kann, dass da Ostern ist, dass da Türen sind, dass da Licht ist.
Und wenn dann wieder Karfreitag oder Karsamstag ist, einfach mal fischen gehen. Jesus begegnet im Alltag und sorgt für uns. So oder so ähnlich steht das zumindest bei Johannes und auch anderswo. Denn:
Ostern ist das Trotzdem im Alltag. Auch und gerade jetzt.
Ostern ist die Alternative, die ich, die wir vorher nicht mal sahen.
Pfingsten ist die Tat.
Text: Laura Meemann; Studentin* und Spoken Word Künstlerin* aus Münster
Bild: Sebastian Zeis