Die deutschen Bischöfe sollen für den Konflikt um den Kommunionempfang für nichtkatholische EhepartnerInnen eine möglichst einmütige Regelung finden. Ein Kommentar zu dieser Entscheidung von Eva-Maria Faber.
Am Abend des 3. Mai 2018 kommunizierte die Pressestelle des Vatikan zum Gespräch der deutschen Bischöfe mit Vertretern der römischen Kurie hinsichtlich der pastoralen Handreichung zu konfessionsverbindenden Ehen und ihrer gemeinsamen Teilnahme an der Eucharistie: „Bei dem in deutscher Sprache geführten Gespräch erläuterte Erzbischof Ladaria, dass Papst Franziskus das ökumenische Engagement der deutschen Bischöfe würdigt und sie ersucht, im Geist kirchlicher Gemeinschaft eine möglichst einmütige Regelung zu finden“. Wie ist diese „Entscheidung“ zu deuten?
eine möglichst einmütige Regelung
Der Zentralismus in der römisch-katholischen Kirche hat seine Wurzeln unter anderem darin, dass Repräsentanten der Ortskirchen sich nach Rom wandten, um von dort Entscheidungen zu forcieren. Diese Strategie funktionierte je länger je besser – nun scheinbar aber nicht mehr. Dies ist eine gute Entwicklung. Es lohnt sich nicht, nach Rom zu schreiben, um dadurch Veränderungen zu verhindern.
Das Communiqué macht aus den Beteiligten nicht Sieger und Verlierer. Für das Weitergehen im und hoffentlich auch nach dem Streit ist das klug. Allenfalls misslich ist das Pochen auf eine möglichst einmütige Regelung, was den Vorwurf enthalten könnte, bisher habe sich die Deutsche Bischofskonferenz nicht darum bemüht. Immerhin, darauf wies der Kirchenrechtler Thomas Schüller bereits am Abend der Entscheidung hin, wird auf eine möglichst einmütige Regelung gedrängt, womit die Einsicht verbunden ist, dass es volle Einmütigkeit unter Menschen fast nirgends gibt.
Es lohnt sich nicht, nach Rom zu schreiben, um dadurch Veränderungen zu verhindern.
In welche Richtung hinter den Kulissen gesprochen wurde, wird sich an den weiteren Entwicklungen zeigen.
In der römisch-katholischen Kirche zu lernen wäre ein Perspektivenwechsel. In einer Kirche, die wegen ihrer Sendung immer vorangehen muss („andiamo avanti“), ist nicht nur Veränderung begründungspflichtig, sondern in vielen Situationen auch das Stehenbleiben. Die Frage nach größtmöglicher Einmütigkeit ist nach zwei Seiten zu stellen: Findet sich die größere Einmütigkeit bei der Entscheidung für das Verharren beim Status quo oder bei der Entscheidung für Veränderung?
In diesem Fall geht es um die Ökumene, zu der die römisch-katholische Kirche gemäß der Enzyklika „Ut unum sint“ von Papst Johannes Paul II. (1995) unwiderruflich verpflichtet ist (siehe mehrmals in den Nummern 3–6!). Es ist darum begründungspflichtiger, sich nicht ökumenisch anzunähern, als dies zu tun.
Es ist darum begründungspflichtiger, sich nicht ökumenisch anzunähern, als dies zu tun.
Die geplante pastorale Handreichung der deutschen Bischofskonferenz hat ein sehr restriktives Ziel: die gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie in konfessionsverbindenden Ehen. Letztlich geht es hier nicht einmal nur um Ökumene, sondern darum, das christliche Leben einzelner Menschen nicht einseitig unter dem Aspekt der kirchlichen Situationen anzuschauen. Zwar sind die Getauften, und in diesem Fall in der Ehe lebende Getaufte, in ekklesiale Zusammenhänge hineingebunden, doch ihre christlichen Lebenswirklichkeiten gehen darin nicht gänzlich auf. Daraus sollte in ökumenischen Zusammenhängen die Freiheit genommen werden, ihre spezifische Situation nicht schlechthin mit der ekklesialen Situation zwischen den Kirchen in eins zu schauen.
Es geht darum, das christliche Leben einzelner Menschen nicht einseitig unter dem Aspekt der kirchlichen Situationen anzuschauen.
In der Ökumene gäbe es seit langem weitergehende Desiderate. 50 Jahre Ökumene haben erkennen lassen, dass die Kirchen unter der Verheißung der Einheit stehen und bereits jetzt unwiderruflich miteinander verbunden sind. Diese Einsicht heischt danach, in konkreten Schritten wirksam zu werden. Es braucht Zwischenschritte, die zwar Züge der Unvollkommenheit tragen und gegangen werden müssen, ohne dass schon der ganze Weg und die Gestalt des Ziels absehbar wären. Doch das Sicherheitsdenken, das Schritte nur aufgrund von schon erreichten und allseits geprüften Gemeinsamkeiten für möglich hält, verkennt die Komplexität der ökumenischen Herausforderung und wirkt dadurch blockierend. Darum braucht es einen Perspektivenwechsel: In einer Kirche, die zur Ökumene verpflichtet ist, ist ein (verantwortlich gestaltetes) Wachstum in ökumenischer Praxis nicht begründungspflichtiger als der Verbleib in den Gewohnheiten der Kirchenspaltung.
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Eva-Maria Faber ist Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie an der Theologischen Hochschule in Chur.
Bild: Bhavyesh Acharya / unsplash.com
Siehe ausführlicher zum Thema:
Eva-Maria Faber: „Sich ausstrecken auf das Kommende“. Plädoyer für eine antizipatorische Struktur der Ökumene. In: André Birmelé; Wolfgang Thönissen (Hrsg.): Auf dem Weg zur Gemeinschaft. 50 Jahre internationaler evangelisch-lutherisch/römisch-katholischer Dialog. Paderborn: Bonifatius; Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2018, 209–234.