Mit einem humorvoll-ironischen Blick stellt Andrew Doole unbequeme und anregende Fragen an christliche Vorstellungen von Auferstehung und ewigem Leben: Werde ich im Himmel Haare haben? Im 21. Jahrhundert ist es unerlässlich, fromme Floskeln zu übersteigern und schmunzelnd theologische Diskurse anzuregen.
Ich habe eine Glatze. Ich hatte nicht immer eine Glatze. Aber seit etwa sieben Jahren habe ich am Kopf viel weniger Haar oben als auf den Seiten. Wenn ich nicht zu den modernen und vielleicht zukünftigen Technologien greife, werde ich wohl für den Rest meines Lebens eine Glatze haben. Aber nach dem Tod?
Der christliche Glaube predigt eine leibliche Auferstehung der Toten. Aber wie dieser Leib aussehen soll, ist eine Frage seit den frühesten christlichen Gemeinden. Paulus formuliert diese Frage indem er schreibt: „Wie werden die Toten auferweckt? Und mit was für einem Leib kommen sie?“ (1 Kor 15,35) Für ihn wird der auferstandene Leib anders sein als der irdische, genauso wie das Weizenkorn und der Weizen (1 Kor 15,36–38). Daher schreibt er: „Es gibt himmlische Leiber und irdische Leiber“ (1 Kor 15,40). Die auferstandenen Leiber werden „unvergänglich“ und „verwandelt“ sein (1 Kor 15,52). Aber wie?
Der verwegene Gedanke an eine himmlische Sexualität
Ein neues Buch von Candida Moss – Divine Bodies (Yale University Press, 2019) – untersucht antike und frühchristliche Jenseitsdarstellungen vom menschlichen Leib. Die Autorin bespricht unter anderem Jesu Verletzungen, die nach seiner Auferstehung noch sichtbar und antastbar sind (Joh 20,20 und 20,27); Leute, die nicht in die Hölle kommen, weil sie das eigene Auge ausmeißeln oder die eigene Hand abhacken (Mt 5,29–30); Leute, die sich für das Himmelreich kastrieren (Mt 19,12); und – damit verbunden – die scheinbare Entbehrlichkeit von Genitalien in einem Himmel ohne Sex (Mt 22,30). Doch wie Moss aufzeigt, ist nicht alles im Neuen Testament einheitlich und konsequent.
Gehören Narben zum ewigen Leben?
Den auferweckten Lazarus hat man scheinbar erkennen können (Joh 11,44). Beim auferstandenen Jesus gab es Schwierigkeiten, wie berichtet wird, dass Maria Magdalena Jesus für einen Gärtner hält (Joh 20,14–15) und dass Kleopas und sein Kollege auf der Straße nach Emmaus eine lange Unterhaltung mit einem unkenntlichen Jesus haben (Lk 24,13–29). Doch Jesus besteht noch aus Fleisch und Bein (Lk 24,39) und hat noch seine Wundmale (Joh 20,27). Sind sie noch offen? Aber nur bei Toten bleibt eine Wunde unverheilt. Moss deutet darauf hin: wenn Jesus lebt, dann heilen seine Wunden und lassen nur noch Narben. Gehören also Narben zum ewigen Leben?
Wie ist es mit „funktionalen“ Körperteilen? Kommt man tatsächlich mit einer Hand ins Himmelreich oder wird die abgehackte Hand dann ersetzt? Obwohl Jesus „unfunktionierende“ Körperteile heilt (Blinde sehen, Taube hören, Lahme gehen), gibt es keinen Bericht in den Evangelien, in dem Jesus ein verlorenes Körperteil ersetzt (sei er chirurgisch, im Krieg, oder beim Unfall verletzt). Ein äthiopischer Eunuch, zum Beispiel, glaubt und wird getauft, kehrt aber immer noch kastriert nach Äthiopien zurück (Apg 8,12–39).
Eine personale Identität braucht leiblichen Ausdruck.
So kommen wir zum Thema Leib und Identität. Wer bin ich? Bin ich immer noch der, der ich mal war? Diese philosophische Frage gibt es auch seit der Antike. Aber in Bezug auf die Auferstehung: Wie wird der Mensch auferstehen? Wenn Sie sich freuen, ihre Großeltern im Himmel zu sehen: Wie alt werden diese sein? Gleich alt wie Sie? Geschweige denn das schwierige Thema der verstorbenen Kinder. Werden diese als Kinder dann auferstehen?
Es gibt Körperteile, die auf Erden fast unentbehrlich sind. Ich brauche meine Fingernägel, damit ich bei Juckreiz kratzen kann. Wenn es im Himmel keinen Juckreiz gibt, brauche ich dann keine Fingernägel mehr? Werde ich perfekt sehen können und meine Brille nicht vermissen? Dann gibt es Körperteile, die sogar auf Erden entbehrlich sind. Ich bin jetzt dicker als in meiner Jugend. Wie viel Fett nehme ich in den Himmel mit? Und muss ich einen Rasierer mitbringen? Werden entfernte Blinddarme oder Mandeln wieder erscheinen? Und werden Männer, die mit Vorhaut sterben, ihre Vorhaut in der Anwesenheit eines Gottes haben, der davon nicht immer so ein Fan war?
Vieles könnte überflüssig werden.
Man findet für solche Fragen wenige Anhaltspunkte im biblischen Text, wenn überhaupt. Daher die teilweise große Diskussion bei späteren Christen (und vermutlich auch Christinnen!). In der christlichen Tradition ist aber ein Körper auf jeden Fall für Verdammte nötig, damit sie in der Hölle gefoltert werden können! Der Evangelist Matthäus ist überzeugt, dass die Verdammten Zähne haben zum Knirschen (Mt 8,12; 13,42; 13,50; 22,13; 25,30)!
Obwohl die Bibel von Engeln berichtet, die mit Frauen schlafen (Gen 6,1–4), ist die gängige christliche Vorstellung eines Himmels ohne Sex (vgl. Offb 14,1–5) vorherrschend. Das würde tatsächlich heißen, dass die Geschlechtsorgane überflüssig sind. Dasselbe müsste dann auch für Magen und innere Organe gelten, es sei denn dass es im Himmel Toiletten gibt! Brustwarzen wären auch genauso zwecklos für Frauen im Himmel wie für Männer auf Erden. Aber wird das alles trotzdem beibehalten?
Und wie ist das mit den Behinderungen? Kompliziert!
Das mag alles bisher ziemlich lächerlich und albern klingeln, aber es gibt auch ernste Überlegungen zur Gestalt eines auferstandenen Körpers. Wenn ein Mensch, der lebenslang im Rollstuhl gesessen hat, im Himmel gehen kann oder ein Blindgeborener sehen kann (wie in den Evangelien mehrmals berichtet wird), freut man sich für sie. Einige träumen davon, dass Kinder mit Behinderungen von ihren Einschränkungen „befreit“ werden. Aber wie ist es mit einem Menschen mit Down-Syndrom oder schwerem Autismus: Sollen sie auch „befreit“ werden – und wären sie überhaupt noch dieselbe Person nach so einer „Befreiung“? Gehören sie nicht etwa schon als die Menschen, die sie sind, in das Himmelreich hinein? Es gibt keine einfache Antwort.
Und kein Himmel ohne Kamm!
Man merkt also eine Reihe von Fragen über die leibliche Auferstehung und himmlische Leiber. Bleibt die irdische Diversität – z.B. der Hautfarben und Augenlider – oder wird alles uniform, während alle in weißen Gewänden hin und her laufen?
Es gab und gibt immer noch Leute, die das Leben im Jenseits nur „spirituell“ denken können. Aber Gott hat die Haare meines Hauptes gezählt (Mt 10,30) und er hat versprochen: „Nicht ein Haar von eurem Haupt wird verloren gehen“ (Lk 21,18)! So, dann habe ich noch die Hoffnung, in den Himmel einen Kamm mitbringen zu müssen.
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Autor: J. Andrew Doole, geb. 1984, in Belfast (Irland), seit 2015 Universitätsassistent am Institut für Bibelwissenschaft und Historische Theologie der Universtität Innsbruck
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