Auf den Beitrag von Joachim Negel „Entfernung ins Unwirkliche“ reagiert unser Leser Karl-Dieter Müller.
Joachim Negel stößt mit seinen Gedanken notwendige Fragen zu „Glauben heute“ und Fragen nach der und an die Zukunft angesichts der existentiellen Krise von Kirche und Religion – „Ansehensverlust von Glaube und Religion“ – bis hin zum Relevanzverlust christlicher Gottesrede („Gotteskrise“/J.B. Metz) an. „Das Waterloo von Kirche (und Theologie) ist nicht das Denken, sondern das Leben.“ (I. Dalferth) Dabei betrifft diese „GlaubensKrise“ – als Ablehnung und Widerspruch, Unverständnis und Gleich-gültigkeit gegenüber dem Lehrgebäude der katholischen Kirchenhierarchie durch Menschen heute (vgl. u.a. die Themen Macht/Partizipation, Sexualität und Gender, sog. „Frauenfrage“ (!) – doch auch die Theologie.
Hat sie sich nicht auch vielfach von den Erfahrungen der Menschen, ihrer „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst“ (GS 1) entfernt? Berührt nicht auch sie immer weniger Zeitgenossen auch in den Kirchengemeinden, sodass es eine massive Spachlosigkeit in Glaubensdingen gibt? Sind zentrale Glaubenskomplexe inzwischen auch für Traditionschristen fremde Inhalte, zu „Leerformeln“ einer akademischen Theologie geworden? Spricht nicht auch die Theologie immer noch „mit Leichtigkeit Wörter aus, die leer geworden sind“ (T.R. Peters)?
Kann diese Theologie – bei allen wertvollen Ansätzen – den noch vorhandenen Glauben tragen, begleiten und möglicherweise wiederbeleben? Wie steht es mit dem Mut von Theologinnen und Theologen, zentrale Inhalte – wie Offenbarung und „Wort Gottes“, Erlösung und „Menschwerdung Gottes“, die Gottesfrage …. -, die uns als „verbrauchte Geheimnisse“ (J.B. Metz) entgleiten, neu anzufragen und so zu „über-setzen“, dass sie den Fragen und Ängsten, den Konflikten und Hoffnungen in unserer Lebenswelt antworten?
Welche Rolle spielt Theologie als – auch revolutionäres – Potential zur Umkehr und Erneuerung der Kirche/n als glaubwürdige Zeugin und Ort der Freiheitsbotschaft des Evangeliums? Und v.a. – mit Negel – angesichts einer Welt, die durch vielfältige Krisen und „Unsicherheit über unsere Zukunft“ erschüttert wird, die entscheidende Frage: Wo sind Kirche/n und Gläubige in der Zukunft der Welt? (Jürgen Manemann; vgl. feinschwarz 11.5.2022)
Wie geben Kirche/n und Christ*innen mit dem „Unglaublichen der christlichen Botschaft“ Welt und Menschen „Rechenschaft über die Hoffnung, die in uns ist“? (1 Petr 3,15; „Unsere Hoffnung“/1975)
Karl-Dieter Müller, Münster