Die Kolumne für die kommenden Tage Nr. 24
Aus: Hans-Joachim Sander, Glaubensräume. Topologische Dogmatik, Bd I: Glaubensräumen nachgehen, Ostfildern 2019, 31
„Adam wird von Gott mit einem Wo konfrontiert, mit dem er sich identifizieren muss. Das Wo stellt Adam in seinem Versteck. Es öffnet einen bedrängenden Raum und zielt auf einen konfrontativen Ort.
Der Ort ist dabei nicht einfach ein Platz, der eingenommen wird, oder ein Raum, der vorhanden ist. Er ist vielmehr ein Platz, der in einem Raum der Blöße eingenommen werden muss. Der Raum ist entsprechend nicht allein vorhanden, sondern offenbarend. Und das gilt nicht nur vom paradiesischen Versteck, in dem Adam ertappt wird.
Räume sind begrenzte Ressourcen; anders als die Zeit lassen sie sich nicht einfach in die Zukunft hinein erweitern oder mit einer Vergangenheit abschließen. Ein Raum, der eigenommen wird, ist stets irgendwie und irgendwo von anderen und/oder anderen erfüllt. Daher sind an dem Platz, den man selbst darin besetzt, immer zugleich andere vorhanden; sie werden an der Blöße offenbar, die sich dort für eine(n) selbst einstellt.
Selbst wenn die anderen aktuell und akut gar nicht da sind, haben diese anderen immer irgendwo etwas, was die eigene Blöße jetzt spürbar macht. Deshalb ist dieser Ortsfrage Pluralität ja auch nicht fremd; in jeden Ort sind vielmehr die bedrängenden Relationen zu andern und anderem strukturell eingetragen.
Diese anderen oder dieses andere sind nicht einfach auszurechnen, sondern stellen ein hohes Druckpotential und eine starke Veränderungsnot dar. Beides trifft die, die einen solchen Ort einnehmen, und beides verstärkt sich, wenn diesem Ort nicht auszuweichen ist.“
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