In seinem Leserbrief kommentiert Boris Kalbheim den Beitrag „Junge Frauen in der katholischen Kirche“ von Bernadette Embach und Maria Rhomberg.
Ja, es gibt sie: Junge Frauen in der Kirche. Nicht knapp unter 30, sondern auch knapp über 20. Junge Frauen, die sich firmen lassen, junge Frauen, die sich taufen lassen. Jede ein Geschenk für uns, die Kirche, und für jede Gottes Gnade in Fülle.
Doch dieser Artikel hat mich nachdenklich gemacht. Die Aussage „Wir unter 40-jährigen sind die erste Generation, die unter dem Grundsatz der Gleichberechtigung ausgebildet wurde“ empfinde ich als
herabsetzend: Ich bin 52 Jahre alt und bin mit Gleichberechtigung erzogen und ausgebildet worden. Gleichberechtigung ist so neu nicht, die Gleichberechtigung der Frau hat schon vor dem XXI. Jahrhundert begonnen.
Was sagt denn der Blogbeitrag zur Kirche: Die beiden Autorinnen sind, wie ich, in der katholischen Kirche aufgewachsen. Also in jenem patriarchalen System, das die Menschen unterdrückt. Fühlten wir uns unterdrückt in der Kirche? Ich nicht; vielmehr war es eine Kirche, die mich angenommen und zu Gott geführt hat, die mich als Kind ernst nahm und gleichzeitig viel Spaß gemacht hat. Das war ja auch der Grund, dass ich Theologie studiert habe; und aus dem Artikel habe ich von den Autorinnen ähnliches gelesen.
Und es war genau diese Kirche: Mit zölibatären männlichen Priestern, mit Ehesakrament und mit der Regel „keine zweite Heirat“. Diese Regeln galten damals und gelten heute, transparent und für jeden erkennbar. Nun könnte man natürlich sagen:
Wir sind erwachsen geworden, andere Dinge interessieren uns, was früher Heimat war, das stößt uns heute ab. Der Artikel reflektiert jedoch nicht eine solche persönliche Veränderung, im Gegenteil: Dort heißt es, dass die Kirche den Autorinnen eine positive Vision des Zusammenlebens geschenkt hat. Und ich möchte noch einmal betonen, das war die Kirche ohne Frauenpriestertum, ohne Scheidung und ohne verheiratete Priester.
Was sich geändert hat wird deutlich im zweiten Absatz, und diesen Absatz fand ich bezeichnend: Es war das Erlebnis von Ungerechtigkeit, Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern in der Gesellschaft. Die Autorinnen verweisen deutlich auf das Berufsleben. Und dann wird direkt die Kirche angesprochen, und es erscheint wie der höchster Gipfel der Ungerechtigkeit: Der zölibatäre Mann. Was ist eigentlich der Unterschied, ob der Chef ein Pascha mit Frau, zwei Kindern und Geliebter ist oder ein zölibatärer Mann in einer zwei-Zimmer-Wohnung?
Daher möchte ich als Denkanstoß Fragen stellen:
- Kann es sein, dass hier die Kirche gar nicht gemeint ist?
- Kann es sein, dass die Frage nach der Gleichstellung eigentlich in einem ganz anderen Bereich von Bedeutung ist, schmerzhaft erfahren wird, persönlich empört?
- Ist vielleicht die ökonomische Verteilung das eigentliche Problem, und weil frau die nicht ändern kann, wird die Kirche bekämpft?
Wir sind die Kirche, als Kirche haben wir eine klare Aufgabe: Gott zur Sprache bringen. Wenn es in der Kirche nicht um Gott geht, dann geht es um nichts, dann können wir die Kirche zumachen. Die Kirche kann nur von Gott her leben; alles andere ist dem untergeordnet.
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Dr. Boris Kalbheim (Katholisch-Theologische Fakultät Würzburg)