Soll der Karfreitag in Österreich anstelle eines anderen christlichen Festes ein gesetzlicher Feiertag werden? Unbedingt – meint Christian Bauer. Andernfalls drohe konfessioneller Chauvinismus.
Österreich ist ein katholisches Land. Zumindest vom kulturellen Grundgefühl mancher seiner Bewohnerinnen und Bewohner her, gerne befeuert von rechts-identitären Kräften der Gesellschaft.
Zu diesem besonderen gesellschaftlichen Kontext gehört es auch, dass der Karfreitag hierzulande kein staatlicher Feiertag ist. Selbst wenn man aus dem ‚kreuzkatholischen’ Bayern als EU-Arbeitsmigrant nach Österreich übersiedelt, ist dies eine erste kulturelle Irritation: Karfreitag als normaler Werktag? Das erinnert an längst überwunden geglaubte konfessionalistische Vergangenheiten, als Katholikinnen und Katholiken am ‚evangelischen’ Karfreitag demonstrativ Wäsche wuschen oder anderen Arbeiten nachgingen – ein Anachronismus!
Der Europäische Gerichtshof hat dieses Thema nun auf die aktuelle (kirchen-)politische Agenda gesetzt. Sein jüngstes Urteil weist die österreichische Regierung an, für mehr konfessionelle Gleichbehandlung zu sorgen. Ein nichtevangelischer Arbeitnehmer hatte angesichts der Ungerechtigkeit geklagt, dass am Karfreitag nur evangelische Christinnen und Christen eine besondere Gehaltszulage („Feiertagszuschlag“) bekommen, wenn sie an diesem ‚Werktag’ arbeiten müssen – als ob der Karfreitag nur ein evangelischer Feiertag wäre…
Katholische Stimmen wehren ab
Mit diesem Urteil wird der Karfreitag nun generell zum Thema. Evangelische Kirchenvertreter wie der Tiroler Superintendent Olivier Dantine schlagen vor, dass auch der Karfreitag zukünftig ein landesweiter Feiertag werden soll. Erste offizielle Stimmen des österreichischen Katholizismus sind jedoch abwehrend. Ihnen ist aus theologischer Sicht entschieden zu widersprechen.
Mir als – katholischem – Theologen erschließt es sich nicht, warum kirchliche Marienfeste wie z. B. Maria Empfängnis und Maria Himmelfahrt landesweit gesetzliche Feiertage sind, nicht aber der theologisch ungleich bedeutsamere Karfreitag – immerhin ein christologisch zentrales Kerngeheimnis des Mysterium paschale!
Dieser Umstand ist nur historisch zu erklären, nicht aber theologisch. Denn der heilsgeschichtliche Stellenwert der genannten Feste dürfte mit dem des Karfreitags kaum vergleichbar sein. Allein schon aufgrund dieser christlichen „Hierarchie der Wahrheiten“ (UR 11) müsste man den Karfreitag anstelle eines weniger hochrangigen christlichen Festes (z. B. des Pfingstmontags) zum landesweiten Feiertag machen.
Alles andere wäre konfessioneller Chauvinismus.
Christian Bauer ist Professor für Pastoraltheologie und Homiletik in Innsbruck und Mitglied der Redaktion von Feinschwarz.net.
Bildquelle: Pixabay