Die Mitglieder des feinschwarz.net-Redaktionsteams antworten auf den Satzanfang: „Kein Weihnachten ohne…“. Wir danken unseren Leserinnen und Lesern für ihre Treue und wünschen ein gesegnetes Fest.
Kein Weihnachten ohne…
… Krippe und des Engels: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll.“ Liebe und Hoffnung für alle Menschen seiner Gnade und alle Menschen sind in dieser Gnade. Diese Botschaft ist bei den Menschen durch die Jahrtausende der und trotz der Kirchengeschichte angekommen. In diesem Glauben werden Krippen gebaut, Geschenke verpackt, Weihnachtskarten versendet, Feste geplant und Bäume geschmückt. Weihnachten ohne Kirche ist möglich, Weihnachten ohne Krippe nicht.
Birgit Hoyer
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… Weihnachtshaus!
2020 werde ich das Buch von Zsuzsa Bánk zum dritten Mal lesen – es liegt schon bereit. Wieder einmal werde ich in eine Zsuzsa Bánk-Welt eintauchen, mich zu ihren Frauen an den Tisch setzen. Es ist ein außergewöhnliches Buch, in dem vermeintlich Gewöhnliches besondere Aufmerksamkeit erfährt. Es erzählt von zwei Frauen, die dem Leben ein mutiges «Doch!» entgegenrufen. Im Studium habe ich einmal gelernt, dass «Wunder» womöglich nichts weiter seien, als der «unerwartet gute Ausgang einer schwierigen Situation». Wenn dem so ist, dann zeichnet sich der Alltag der Protagonistinnen vor allem durch eines aus: durch eine Wunder-Offenheit.
Julia Enxing
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… ein viergängiges Festessen im Lichtkegel der Weihnachtskrippe, zu dem jede und jeder aus der Familie einen Gang beiträgt: Fröhliche Menschwerdung zwischen Amuse gueules, Petersilienwurzelsuppe, Fischstäbchen und Apfel-Crumble. Allen Widrigkeiten zum Trotz!
Christian Bauer
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Als Kind soll ich lebhaft mit einer Freundin gestritten haben, wer die Geschenke bringt: Das Christkind oder der Weihnachtsmann? Wir hätten uns rational schnell einigen können: die Eltern. Was aber, wenn nicht? Zur Sicherheit den Mythos lieber mitspielen. Und heute? Da stehe ich vor der Krippe in Bethlehem, darin der Nazarener. Die eine Hirnhälfte wirft bereits den historisch-kritischen Motor an. Die andere fängt an zu summen: „… und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen.“
Gerrit Spallek
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Kein Weihnachten ohne…
… die letzten Stunden vor Heiligabend.
Der Advent ist – zugegeben – nicht meine Zeit. Es sind intensive Arbeitstage, vieles will noch vor den Feiertagen erledigt werden. Seit jeher ist der Advent bei mir alles andere als «still».
Aber: Spätestens am 23. Dezember abends endet die Arbeit, und dann, am 24. Dezember, hat so vieles noch Platz: einkaufen, aufräumen, letzte Geschenke einpacken, und mich selbst bereit machen. Und dann, beim «Weihnachten anwünschen» bei den Nachbarn, kann Weihnachten beginnen.
Helga Kohler-Spiegel
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… Karten schreiben bis der Arm wehtut.
Die Weihnachts- und Neujahrsgrüsse müssen einfach sein – und in diesem Jahr erst recht. Ich erinnere mich, wie schon in meinem Elternhaus unzählige Weihnachtskarten auf dem Buffet aufgestellt waren. Vor allem mein Vater hat so seine Freundschaften und Kontakte gepflegt. Mir geht es ähnlich.
Franziska Loretan-Saladin
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… die Rose von Jericho
Schon seit Studienzeiten begleitet mich „meine“ Rose von Jericho. Das ganze Jahr über liegt sie unbeachtet in einer Schublade. Doch zu Weihnachten darf sie ans Licht, bekommt Wasser – und jedes Jahr bewundere ich das Schauspiel, wie sie sich innerhalb kürzester Zeit öffnet. Das Innere offenbart ein schönes Grün.
Ich verbinde mit ihr den Jahreskreis von Werden und Vergehen. Aber auch das Wunder des Lebens. Wie es in Jesaja 11,1 heißt: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.“
Die Legende erzählt, dass Maria auf ihrer Flucht vor Herodes die Rose gesegnet und ihr ewiges Leben verliehen habe. Auf Arabisch heißt sie noch heute „Kaff Maryam“ (Handballen Marias).
Wenn sie sich geöffnet hat, ist Weihnachten.
Johann Pock
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… seit einiger Zeit: Rilke, so 2015 hier auf feinschwarz.net: seine Gedanken zu Weihnachten aus einem Brief an Franz Xaver Kappus.
Und dieses Jahr aus seinem Brief an seine Mutter am 20.12.1909: „Unser Leben ist schnell und kurz, Gott aber ist langsam und ohne Ende: Darum kommen immer wieder Momente, wo das eine mit dem anderen nicht vereinbar scheint, und wir sollen auch nicht wissen, wie es sich vereint: sondern nur offenen Herzens für das Mysterium da sein, dass das Grosse im Geringen Raum hat: Dass in der Intensität unseres Daseins ein Augenblick Ewigkeit sich verdichten kann, der mit Gottes ununterbrochenen Ewigkeiten zusammenfällt.“
Rainer Bucher
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… Weihnachtsbaum
Ich habe mich ja schon sehr gefreut, dass Weihnachtsbäume im aktuellen Lockdown als „Dinge des täglichen Bedarfs“ gewertet wurden und die Verkaufsstellen offen blieben. Und irgendwie verstehe ich in diesem Jahr besonders gut, dass in etlichen Nachbarshäusern schon Wochen vor dem Fest geschmückte Bäume im Fenster zu erkennen waren. Wir brauchen sie gerade…
Dieselben Kugeln wie jedes Jahr, Christbaumschmuck meiner Großmütter, selbstgemalte Engel einer Freundin und das ein oder andere Kinder-Blimbim. Verankert mich in der Tradition und dem Lauf der Generationen, in meinen Beziehungen. Und der Baum selbst doch immer noch Lebenssymbol in den dunkelsten Tagen des Jahres. Und ja – wir haben echte Kerzen.
Kerstin Menzel
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… vierhändiges Klavierspiel und gemeinsames Singen.
Einmal im Jahr sitze ich zusammen mit meiner älteren Schwester am Klavier. Bevor Geschenke verteilt und geöffnet werden, kommen die abgegriffenen Liederhefte auf den Tisch und es werden Weihnachtslieder gesungen. Wir spielen vierhändig, wie schon als Kinder. Es gibt ein seit Jahrzehnten bewährtes Repertoire. Großeltern und Enkel dürfen sich abwechselnd Lieder wünschen und alle singen miteinander. Es ist das einzige Mal im Jahr, dass ich Klavier spiele (eine Schande). Und wer sich verspielt, bekommt vom anderen auf die Finger geschlagen – eine zweifelhafte Mitgift einer alten Klavierlehrerin. Kein Weihnachten ohne Klavier und Gesang. Nur in diesem Jahr nicht. Vielleicht versuchen wir es über Videokonferenz.
Wolfgang Beck
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Kein Weihnachten ohne …
… natürlich selbstgebackene Plätzchen und Lebkuchen (11 Jahre in Nürnberg gelebt), drei Haselnüsse für Aschenbrödel (verheiratet) und das Weihnachtsevangelium (Theologe). Ist alles auch 2020 möglich. Immer wichtiger geworden ist mir aber eigentlich die schöne Wendung von der „Zeit zwischen den Jahren“: Ein paar Tage Pause, eine Lücke aller Abläufe im Dazwischen von Weihnachten und Jahreswechsel. 2020 war so voll, dass die Aussicht auf Stillstand im Lockdown fast so erleichternd wirkt, wie die Ankunft verfügbarer Impfstoffe. Ach übrigens: die „x:bar im langen Advent“ endet nicht am 24.12., sondern wie die Weihnachtszeit früher an „Lichtmeß“ (2. Februar). Kein Weihnachten, an dem es nach der Zeit zwischen den Jahren nicht auch wieder „rauswärts“ ginge …
Michael Schüssler
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Beitragsbild: Birgit Hoyer