Thomas Frings ist linksrheinischer Rheinländer. Als Pfarrer im westfälischen Münster bringt er Karneval und Kirche, Feiern und Fasten zusammen.
Zwar bin ich kein geborener Kölner, aber die Ehe meiner Eltern wurde im Kölner Dom vor dem Dombild, dem Lochneraltar geschlossen. Unabhängig davon ist es jedoch in Köln ein Leichtes, dazuzugehören. Die folgenden Gedanken zum Thema Kirche und Karneval folgen also dem Blickwinkel eines linksrheinischen Rheinländers, der es als Pfarrer in Münster schon bald 25 Jahre gut aushält.
Der Termin der tollen Tage richtet sich in doppelter Hinsicht nach kirchlichen Vorgaben.
Mag es manchen Karnevalisten auch nicht bewusst sein, der Termin der tollen Tage richtet sich in doppelter Hinsicht nach kirchlichen Vorgaben. Der 11.11. war ursprünglich einer der letzten Tage vor der adventlichen Fastenzeit und die Menschen nutzten diesen zu ausgelassenem Treiben. Und ebenso ist es mit den drei tollen Tagen, werden diese doch nicht vom Festkomitee oder Kultusministerium festgelegt, sondern vom Termin des Osterfestes und der diesem vorausgehenden Fastenzeit, die mit Aschermittwoch beginnt, dem folglich die tollen Tage vorausgehen.
Ob die beiden Teile „Glaube/Kirche“ und „Karneval“ auch inhaltlich etwas miteinander zu tun haben, das liegt in der Hand der Karnevalisten. Selbstverständlich kann man das eine feiern und das andere ignorieren. Umgekehrt geht es ja auch und viele Menschen können Weihnachten feiern, ohne die Bedeutung des Festes überhaupt nur zu kennen. Manches ist uns Christen eben aus der Hand genommen und Kulturgut geworden, ob uns das gefällt oder nicht.
Manches ist uns Christen eben aus der Hand genommen und Kulturgut geworden, ob uns das gefällt oder nicht.
Für den Menschen, der beides gerne tut, ist es jedoch eine gewinnbringende Kombination: Feiern und Fasten. Beides haben selbst manche Christen anscheinend verlernt; sowohl das ausgiebige Feiern als auch das konsequente Fasten. Wenn gefastet wird, dann nur ein Bisschen, so dass es nicht richtig zu spüren ist – und wenn gefeiert wird, dann aber nicht so richtig, denn die Pfunde müssen ja nachher auch wieder runter. Nur so verfehlen Fasten und Feiern beide Male ihren Sinn. Schade!
Wie sehr in Köln christlicher Glaube und katholische Kirche Teile des Karnevals sind, trotz fortschreitender Säkularisierung, das zeigen folgende Punkte. Zahlreiche Vereine haben nach wie vor ihren eigenen Vereinspfarrer. Ich bin es beim ältesten Karnevalsverein von Köln, „Die Große von 1823“. Erst seit wenigen Jahren wird die Session offiziell eröffnet mit einem Pontifikalamt des Kardinals, meist am Tag vor Dreikönige (06.01.), bei dem das karnevalistische Dreigestirn dem geistlichen Dreigestirn, den heiligen drei Königen, seine Aufwartung macht. Man streiche alle Begriffe des Glaubens aus den Karnevalsliedern, wie z.B. Himmel, Petrus, Dom, Glocken, Gott, Halleluja, Bischof, ewiges Leben, Paradies, etc. und viele der besten Lieder würden nicht mehr gesungen.
Natürlich können Millionen Menschen in Deutschland ohne Karneval leben
Natürlich können Millionen Menschen in Deutschland ohne Karneval leben; sie können ja auch gut ohne Kirche und Glauben leben. Theoretisch kann ich mir das vorstellen, aber praktisch? Nein! Zusätzliche Dimensionen machen zumindest mein Leben reicher und größer: Karneval feiern mit singen, Kölsch trinken, schunkeln, Sitzungen, Umzügen – Fastenzeit halten mit Verzicht, dem Leben wieder einen gesünderen Rhythmus geben und erfahren, dass ich auch glücklich sein kann, wenn es nicht alles gibt wie sonst im Jahr – und traurig sein am Karfreitag und Karsamstag – und Ostern feiern mit allem, was dazugehört, singen, Kerzen, Hoffnung und auch richtig Essen und Trinken.
Kölle Alaaf – Gedenke Mensch, dass du Staub bist
In diesem Sinne: Kölle Alaaf – Gedenke Mensch, dass du Staub bist und zum Staube zurück kehrst – Halleluja, Jesus lebt!
(Thomas Frings, Münster; Bild: Tim Reckmann / pixelio.de)