Thomas Frings, Pfarrer seit vielen Jahren, steht vor einer Kurskorrektur. Sie entspricht seiner Diagnose der kirchlich-pastoralen Realität, die er über Jahre beobachtet und mitgestaltet hat – und deren Zukunftsperspektive sich verbraucht hat.
Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt. Eine Geburt in stabile familiäre, soziale und gesellschaftliche Verhältnisse. Eine Berufung und Begabung zu einem Dienst in einer Glaubensgemeinschaft gaben mir Halt und Orientierung. Ich hatte die Möglichkeit zu suchen und habe gefunden.
An allen Orten, an denen ich als Priester wirken konnte, war es so, dass ich auf nichts anderes gewartet habe. Innere und äußere Umstände führten zu einer hohen Zufriedenheit. Hätten meine Vorgesetzten mich dort ‚vergessen‘, wäre es eine gute Zeit geworden.
Ich habe in meinem Leben viel Glück gehabt. … Innere und äußere Umstände führten zu einer hohen Zufriedenheit.
Persönlichen Neigungen konnte ich nachgehen, sei es beim Studium der Kunstgeschichte oder bei Reisen. Ich habe Freude an Vielem und habe sie auch noch, die Freude am Schönen.
Aber es stellt sich mir verstärkt die Frage: Wofür lebe ich?
Ich hatte einen Traum, in dem ich eine Sauna betrete, in der es gerade einen Aufguss gibt. Die Menschen schimpfen, weil ich die Türe geöffnet habe. Ich entschuldige mich und setze mich in eine Ecke. Nach wenigen Augenblicken merke ich, dass es in der Sauna ganz kalt ist. Der Ofen heizt, es wird ein Aufguss gemacht, aber es ist kalt. Ich schaue nach oben und stelle fest, dass die Sauna kein Dach hat.[1]
Die Veränderungen im Verhältnis der Gesellschaft zur Kirche, aber auch das Verhalten der Mitglieder in ihr, haben zu einer schrittweisen Veränderung bei mir geführt. Solange ich lebe, kenne ich nur eine schwindende Zahl bei den in der Kirche Aktiven und eine wachsende bei den Kirchenaustritten. Die Reaktionen auf dieses Phänomen sind bei Kirchenleitung, Gemeindeleitung und in den Gemeindegremien sehr ähnlich. Gemeinden, Seminare und Klöster werden geschlossen oder zusammengelegt, um dann meist das Bisherige weiterzumachen.
Solange ich lebe, kenne ich nur eine schwindende Zahl bei den in der Kirche Aktiven und eine wachsende bei den Kirchenaustritten.
Als ich 1980 mit dem Studium begann hieß es, die Nachwuchszahlen gehen bergauf. Das anschließende Sinken wurde mit der sinkenden Geburtenrate erklärt. Als der Rückgang erheblich unter den der Geburtenrate sackte, gab es den Trost, dass die Zahl der Priester im Verhältnis zu den Gottesdienstbesuchern höher sei als noch vor Jahren und weltweit sowieso. Der z.T. hohe Einsatz von Priestern der Weltkirche, ermöglicht durch die Kirchensteuer, überbrückte wiederum einige Jahre. Inzwischen steuern die Eintrittszahlen in den Seminaren mancherorts auf eine Null-Linie zu. Wir gestalten die Zukunft von Kirche in den Gemeinden immer noch nach dem Modell der Vergangenheit. Auch ich habe dafür nicht die eine Lösung parat. Was erwarten wir von den Männern, die sich in dieser Situation auf den Weg machen, um Priester zu werden. Kann man dafür guten Gewissens noch werben?
Priester werden: Kann man dafür guten Gewissens noch werben?
Es besteht bei den Antworten auf die Fragen, die sich uns in dieser Umbruchszeit stellen, kein Konsens. Hinsichtlich des Pastoralplans für unsere Gemeinde kam auf die Frage „Was wünschen sie sich für die Zukunft?“ auch die Antwort „Das alles wieder so ist wie vor 30 Jahren“. Diese Antwort halte ich für die ehrlichste, die mehrheitsfähigste und eine, die ich sogar nachvollziehen kann. Und doch ist es diejenige, deren Wunsch am unwahrscheinlichsten in Erfüllung gehen wird. In was für einem Dilemma befinden wir uns, wenn Wunsch und Wirklichkeit so eklatant im Widerspruch stehen?
Unsere zahlreichen Kindergärten und Schulen werden als Chance der Glaubensverkündigung gesehen. Ist diese Hoffnung in den letzten Jahrzehnten in Erfüllung gegangen?[2] Ich halte auch hier die Hoffnung, die sich an dieses Projekt bindet, für unrealistisch – die Arbeit an sich ist gut und richtig. Ich stelle die Frage an das Modell, das kaum die Erwartungen erfüllt, nicht an das Personal, nicht an das Engagement für die Kinder und Jugendlichen – nur daran, ob dies wirklich ‚Lernorte des Glauben‘ sind? Wurden die Erwartungen der letzten Jahrzehnte erfüllt, als wir auf noch mehr Erzieher/innen zurückgreifen konnten, die eine Glaubenspraxis kannten und lebten?
fehlender Konsens … unrealistische Hoffnungen
Was sich unter dem Begriff ‚Caritas‘ herausgebildet hat, ließ der Kirche lange Zeit höchsten Respekt zukommen. Das soziale Engagement war eine gute Begründung für eine Kirchenmitgliedschaft. Die letzten Umfragen haben gezeigt, dass die Menschen Caritas und Kirche kaum mehr zusammen sehen. Wofür steht Kirche dann noch bei diesen Menschen? Manche Begründung amtlicherseits zur Kirchenmitgliedschaft offenbart eine sehr praktische und finanzielle Sicht auf Kirche.[3]
Die strapazierte Tugend der Hoffnung erlebe ich auch in der Gemeinde. Sind die Sakramente der Taufe, Firmung und Trauung auf den einmaligen Empfang angelegt, so entfalten sich die der Eucharistie und Beichte gerade in ihrer Wiederholung. Es gibt keine Sakramente der Erstkommunion und der Erstbeichte. Entwickelten sich die Modelle der begleitenden Katechese in einer Zeit, in der sie als Ergänzung zum Besuch der Sonntagsmesse verstanden wurden, so stehen sie heute an ihrer Stelle. Begründet wird das Festhalten an diesem Modell mit der Hoffnung, dass die Saat eines Tages aufgehen werde. Die erste Generation, von der man das erhoffte, kommt ins Rentenalter und tritt vermehrt aus der Kirche aus, wie die letzten Austrittszahlen zeigten.
Hoffnung, dass die Saat aufgehen werde, … vermehrte Austrittszahlen
Die Glaubenspraxis der Menschen hat sich geändert, aber das Kirche sich an dieser Stelle nicht verändern darf, da sind sich Fernstehende und Verantwortliche einig wie selten. Die Einen wollen nicht die Tradition und die Anderen nicht die Hoffnung aufgeben.[4]
Wir haben den Satz „Die Menschen da abzuholen wo sie stehen“ gelernt umzusetzen. Jetzt müssten wir noch den Umstand akzeptieren, dass immer mehr Menschen gar nicht dahin wollen, wo wir sie hinführen möchten, nämlich zur Mitfeier dieser Sakramente.[5]
Immer mehr Menschen wollen gar nicht dahin, wo wir sie hinführen möchten, nämlich zur Mitfeier der Sakramente.
Sehe ich zu sehr das Negative? Vielleicht, aber auf dem Sektor habe ich die einzigen Wachstumszahlen in dreißig Dienstjahren zu verzeichnen. Sollte ich mehr die Menschen sehen, die es Ernst meinen? Vielleicht, aber diese werden immer weniger und dürfen sie als Entschuldigung herhalten, alles zu belassen wie es ist? Wir bedienen zu viel Tradition und wecken zu wenig Sehnsucht. Ich bin kein Verfechter des ‚heiligen Restes‘, wohl aber eines mutigen Abschiednehmens vom Gewohnten, auch wenn es Ärger gibt. Ermöglichen wir allen alles, aber sagen wir auch, was das kostet, und zwar nicht nur an Kirchensteuern, sondern auch im Leben, am Werktag wie am Sonntag. Uns kann das Mitglieder kosten, aber das tut die jetzige Praxis auch. Vielleicht gewinnen wir aber auch Menschen und an Glaubwürdigkeit. Das Risiko ist es mir wert.
kein Verfechter des ‚heiligen Restes‘, wohl aber eines mutigen Abschiednehmens vom Gewohnten
Ich feiere mit Freude die Messe, am Sonntag wie am Werktag. Ich freue mich über jede/n, der dies ebenfalls tut und sei es unregelmäßig.[6] In unserer Gemeinde kommen ca. 90% jedoch nicht einmal im Jahr am Sonntag, 70% nicht einmal an Weihnachten.[7]
Dennoch wächst der Spagat zwischen den immer seltener im Leben der Menschen stattfindenden Gottesdienste (Hochzeit, Taufe, Erstkommunion, Firmung, Beerdigung, Jubiläum, Weihnachten) und der inneren Gestimmtheit dafür, dem Grundgerüst, das man zum Mitfeiern vielleicht braucht. Der Anspruch, dass diese seltene Feier dann servicorientiert, fehlerlos, auf hohem Niveau ‚geliefert‘ werden soll und die Ahnungslosigkeit nicht Weniger ist für mich immer schwerer auszuhalten.[8]
Spagat und zunehmende Diskrepanz
Gottesdienste mit Suchenden, Fragenden, sogar den bekennend Ahnungslosen zu feiern, sind eine wahre Freude. Ebenso wie die Hochform am Hochfest eine Hochstimmung vermitteln kann. Es ist die Diskrepanz im Inneren mancher Feier die mich schmerzt – und davon werden es mehr!
Foren, Synoden, Umfragen, Erhebungen, Untersuchungen, Dialoge, Beratungen, Pläne – all das sind notwendige Aktionen angesichts der aktuellen Probleme. Viele Gespräche und Überlegungen bringen Erkenntnisgewinn. Dennoch fällt die Bilanz ernüchternd aus, hat sich doch am Bedeutungsverlust vom in der Kirche gelebten Glauben nichts geändert – und ich glaube, dass sich daran zu meinen Lebzeiten auch nichts ändern wird. Der hochgeschätzte Spiritual Johannes Bours hat bei seinem letzten Besinnungstag im Priesterseminar 1984 prophezeit: „Wenn sie auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft sind, wird kaum mehr jemand da sein.“
Johannes Bours 1984: „Wenn sie auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft sind, wird kaum mehr jemand da sein.“
Wir sind Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung, auf die wir nur einen marginalen Einfluss haben. Und das wir durch Kindergärten als Lernorte des Glaubens oder kirchliche Schulen noch spürbaren Einfluss nehmen, daran habe ich den Glauben verloren. Trotz des Versprechens der Eltern hinsichtlich der Erziehung im Glauben, können die meisten Kinder bei der Kommunionvorbereitung weder Kreuzzeichen noch Vater Unser. Doch alle gehen jahrgangsweise zur Kommunion, mit der die meisten Familien weder vorher noch nachher etwas anfangen. Dies sind Realitäten, mit denen ich mich kaum mehr abfinden kann. Und ich habe mich 25 Jahre als Pfarrer wahrlich bemüht.[9]
Doch alle gehen jahrgangsweise zur Kommunion …
Bin ich Priester geworden mit der Erwartung, dass Glaube und Kirche wieder relevanter werden? Mit 27 hatte ich zumindest Hoffnung! Aber unter veränderten Koordinaten habe auch ich mich verändert. Ich habe den Glauben daran verloren, dass der Weg, auf dem ich als Gemeindepfarrer mit Freude und Engagement gegangen bin, ein zukunftsweisender ist. Bestenfalls vermag er eine leichte Bremse auf dem Weg des Bedeutungsverlustes zu sein.
Seit der Gemeinschaft der Apostel hat es nie eine ideale Gemeinschaft in der Nachfolge Jesu gegeben. Es ist jedoch ein Unterschied, ob diese Gemeinschaft sich ausbreitet, Gemeinden gründet, Kirchen baut und Gesellschaft beeinflusst oder ob man Zeit seines Lebens einen Konsolidierungsprozess erfährt, in dem gleichzeitig die Servicementalität wächst. Ich erlebe einen ununterbrochenen Rückzug. Alle Korrekturen sind schon mit einem Verfallsdatum oder Fragezeichen versehen und mir fällt es zunehmend schwer, mich in diesem Kontext zu engagieren.
Ich habe den Glauben daran verloren, dass der Weg, auf dem ich als Gemeindepfarrer mit Freude und Engagement gegangen bin, ein zukunftsweisender ist.
Es gibt Umstände, und besonders wenn diese ein Dauerzustand sind, die mir die Freude an der Sache erschweren. Was ich nicht verloren habe ist der Glaube daran, das es ein christliches Programm für unserer Gesellschaft gibt, für das es sich zu leben lohnt.
Was ist das Resümee?
Alles bisher Gesagte klingt nach Veränderung und Entschiedenheit. Dies ist aber etwas, das man nicht von Anderen erwarten sollte – vielleicht nicht einmal von einer so alten und noch immer in Zahlen großen Kirche wie der Unsrigen. Erwarten darf man das letztlich nur von sich selber!
Ich war Pfarrer in drei Gemeinden. Die beiden vorherigen wurden fusioniert und bei der jetzigen werde ich schwerlich in zehn Jahren einen Nachfolger bekommen. Dennoch ist der Blick zurück keineswegs enttäuschend. Angesichts der Entwicklung sehe ich auf diesem Wege aber keine Zukunft. Hinter das Vergangene mache ich ein großes Ausrufezeichen, vor dem Zukünftigen steht ein großes Fragezeichen. Mir ist die Perspektive abhanden gekommen, angesichts der Entwicklung und der Aussichten. Ich erwarte keine signifikanten Veränderungen einer Großwetterlage durch Pläne oder Foren. Die Strukturveränderungen habe ich aus Überzeugung mitgetragen. Eine Erneuerung habe ich davon nicht erwartet und würde ich auch von Veränderungen wie z.B. bei der Zulassung zum Priesteramt nicht erwarten.[10]
Hinter das Vergangene mache ich ein großes Ausrufezeichen, vor dem Zukünftigen steht ein großes Fragezeichen.
Es ist auch nicht so, als ob ich wüsste, wie der Weg in die Zukunft für Kirche und Gemeinden auszusehen hat. Mein Leben als Priester habe ich als erfüllend erfahren und möchte weiter Priester bleiben. Dennoch erlebe ich es als Gemeindepfarrer vermehrt in einer Funktion des Bedienens von Traditionen und als Verfügungsmasse einer Kirche, die auf allen Ebenen mehr an ihrer Vergangenheit arbeitet als an ihrer Zukunft.[11]
Demnach kann es nur heißen, dass ich bei mir etwas ändern muss. Ich möchte der Kirche und der Welt weiter als Priester dienen, dies aber an einem anderen Ort, im Wissen darum, was ich an Gutem aufgebe und dem Risiko, mich auf Unbekanntes einzulassen.
an einem anderen Ort … Risiko
1987 lautete mein Primizspruch „Ich will mit dir reisen, ich kenne den Weg!“ (Tobit 5,6) so sagt es der Erzengel Rafael dem Tobias – ich kenne den Weg nicht, der vor mir liegt. Ich werde gehen und suchen. Unserem Bischof danke ich dafür, dass er mir eine Auszeit ermöglicht, in der ich zunächst für eine Zeit in ein Kloster gehen werde.
Mit aller Klarheit und Deutlichkeit sage ich am Ende dieser Stellungnahme, dass ich niemandem einen Vorwurf mache. Nicht den Gemeinden in denen ich tätig war, nicht den Seelsorgerinnen und Seelsorgern und nicht dem Bischof und der Bistumsleitung, mit denen ich 30 Jahre zusammen gearbeitet habe. Ich habe nicht die Lösung für die Umbruchsituation, in der wir uns befinden. Eine Veränderung von jemand anderem, als von sich selber zu erwarten, halte ich jedoch für eines der Probleme selber.
Ich habe nicht die Lösung … Eine Veränderung von jemand anderem, als von sich selber zu erwarten, halte ich jedoch für eines der Probleme selber.
Meine Bewunderung gilt allen, die in den Gemeinden in dieser Zeit aktiv bleiben. Ich möchte an anderer Stelle für sie und alle Menschen glauben, beten und leben.
(Thomas Frings; Bild: Bernd Sterzl / pixelio.de)
[1] Dieses Bild gibt den Eindruck wider, den ich von der Situation der Kirche in unserem Land habe.
[2] Zwei Beispiele aus einem Jahr in meiner Gemeinde. Nach 40 Dienstjahren ist eine Erzieherin eines Kindergartens unmittelbar nach Eintritt ins Rentenalter aus der Kirche ausgetreten und der Lehrer der bischöflichen Schule erkundigte sich anlässlich der Beerdigung seiner Mutter, ob ich wohl der Pfarrer sei. Nur zwei Beispiele, aber aus einem Jahr aus einer Gemeinde.
[3] Ich glaube nicht, dass eine arme Kirche automatisch eine bessere oder überzeugendere ist, was ich jedoch bei einer armen Kirche für besser halte, ist die realistischere Einschätzung, wer man für die Gesellschaft bzw. Menschen ist, wenn der finanzielle ‚Mehrwert‘ wegfällt.
[4] Leider kommt der Sinn dabei manchmal unter die Räder; Zitat: „Das Ziel unserer Kommunionvorbereitung ist gar nicht, dass die Menschen sonntags wiederkommen.“ Wir verändern lieber den Sinn eines Sakramentes, als das wir uns vom Gewohnten verabschieden. Man könnte die Frage stellen, wo mein Glaube an die Wirksamkeit eines Sakramentes geblieben sei? Rückfrage: einmal zur Kommunion und zur Beichte und es gibt eine Langzeitwirkung? Was für ein magisches Sakramentenverständnis liegt dem Festhalten an diesem Konzept zu Grunde!
[5] Mangels Alternativen einigen sich aber Fernstehende und Hauptamtliche darauf, einen Jahrgang lang – wenn die Kinder im 3. Schuljahr sind – so zu tun, als würde man sich gegenseitig glauben, was man sagt. Die Lebenswirklichkeit der Menschen wahrzunehmen kann aber nicht heißen, die Bedeutung der Sakramente bis zur Belanglosigkeit herabzustufen, nur um alle zu befriedigen: die, die Fotos im Album haben wollen und die, die ihren Kindern ihre eigene Glaubenspraxis näher bringen möchten. Alle Milieustudien werden ignoriert, wenn es an die Tradition geht, Ärger geben könnte oder mit Kirchenaustritt gedroht wird. Etwa 50% der Familien kamen in diesem Jahr schon nicht mehr zum Dankgottesdienst, weil der auf einem Sonntag lag – 25% der Kinder haben schon ein ausgetretenes Elternteil – ein Elternpaar ist unmittelbar nach der Erstkommunion des Kindes ausgetreten – ein Hochzeitspaar in den Tagen nach der Trauung.
[6] Eine geistliche Kraftquelle ist die kleine Gruppe der 0,2% die an Werktagen da sind.
[7] Von den anderen Gottesdiensten sind mir Beerdigungen die liebsten, kommt es doch zum Schwur, geht es um den Kern, um Verkündigung des Glaubens wie selten. Das fast alle als Wortgottesdienste gefeiert werden erleichtert den Zugang zu den Trauernden, steht doch die den meisten fremde Form der Eucharistie nicht ‚im Wege‘. Um so schöner, wenn sie gefragt wird und mitgefeiert werden kann.
[8] Selbst kleine Bitten, wie z.B. das Kaugummi rauszunehmen, das Fotografieren zu beschränken, die Baseballkappen abzunehmen oder ein möglicher Fehler des Priesters im Ton, oder persönlichem Verhalten werden mit Unverständnis und drohendem Kirchenaustritt kommentiert.
[9] Die göttliche Tugend der Hoffnung wird in einem Maße strapaziert, dass wir auf der Schwelle des Paradieses lebten, wenn wir die Tugend der Liebe in gleichem Maße praktizierten.
[10] Gemeint sind Aufhebung des Zölibats oder Priestertum der Frau.
[11] „Sicherlich ist es nicht möglich, aus dem Strandgut ‚der guten alten Zeit‘ etwas zu rekonstruieren, was gestern war.“ „Es werden immer neue Strukturen geschaffen, für die eigentlich die Gläubigen fehlen.“ So sagte es Papst Franziskus den deutschen Bischöfen beim letzten Ad-limina-Besuch in Rom. Mein Eindruck ist, das wir auf allen Ebenen aber genau dies zuviel tun: das Bisherige mit immer weniger Priestern so lange wie möglich noch aufrecht erhalten, angesichts einer sich seit Jahrzehnten ununterbrochen fortsetzenden Tendenz. Mir fehlen Visionen und der Mut, neue Wege zu suchen.