Stephan Schmid-Keiser (Ettiswil/Schweiz) reagiert in einem Leserbrief auf den Beitrag von Hans-Joachim Sander vom 29.4.2016 über die „Null-Linie“.
Der Beitrag von Hans Joachim Sander ist von einer sehr präzis-analytischen Diktion geprägt und verlangt – auch nach der Lektüre der von ihm diskutierten Beiträge – viel Konzentration.
So frage ich mich, ob sich in der von allen Beiträgen geschilderten Situation nicht der Begriff der „Rollen-Demut“ aufdrängt? Wir stehen in dieser (europäisch-geprägten) Zeit länger schon in einer grundlegenden Transformation aller religiösen Subsysteme. Merkwürdig bleibt, dass auch das Klagen darüber uns in die Null-Linien-Erfahrung führt.
‚Rollen-Demut‘ wäre verlangt, so dass in der römisch-katholischen Kirche dem jahrhundertealten Missverhältnis zwischen ‚Caput‘ und ‚Corpus‘ gewehrt werden könnte. Hier hatte Yves Congar in den 1960ern festgestellt, dass das Eine (‚caput‘) den Anderen (‘corpus‘) über lange Zeit missbräuchlich absorbiert hat… Es kommt also darauf an, das tradierte Amtsverständnis innerhalb des leider nach wie vor oft demütigenden Systems zu transformieren.
Und es bedeutete, einzusteigen in die Ausübung der genannten ‚Rollen-Demut‘ – was am besten in kleineren Gemeinschaften verwirklicht werden kann. Wo sich solche bilden, könnten Ausbildungs-Projekte künftiger Dienstträgerinnen und –träger ‚andocken‘ – in hoher Nähe zu nach wie vor lebendigen Pfarreien ebenso zu Personen und Gruppen im gesellschaftlichen Umland. Dieser Weg aber wird – soweit ich sehe – von keinem Bistum im deutschsprachigen Raum gegangen. Oder täusche ich mich?