Unser Leser Hans-Albert Link reagiert auf Martin Ebner.
Sehr geehrte Damen und Herrn,
Die Auffassungen von Martin Ebner teile ich voll und ganz. Dem steht leider die aktuelle und traditionelle Priestertheologie im Wege, die von Benedikt XVI. zu Beginn des Priesterjahres im Jahr 2011 bekräftigt wurde. Der ideale Priester hat sich laut Benedikt XVI. am Vorbild des Hl. Pfarrers von Ars zu orientieren.
Der Pfarrer von Ars wurde von Papst Pius XI. heilig gesprochen. Johannes Maria Vianney wurde 1929 zum Patron aller Pfarrer der Welt ernannt.
Papst Benedikt veröffentlichte anlässlich des 150. Jahrestages der Geburt von Johannes Maria Vianney ein Schreiben zu Beginn des Priesterjahres im Jahr 2011 an alle Priester der Welt. Papst Benedikt zitiert die Aussagen des den Pfarrer von Ars über das Priesteramt. „Oh, wie groß ist der Priester! … Wenn er sich selbst verstünde, würde er sterben … Gott gehorcht ihm: Er spricht zwei Sätze aus, und auf sein Wort hin steigt der Herr vom Himmel herab und schließt sich in eine kleine Hostie ein…“[4] Und als er seinen Gläubigen die Bedeutsamkeit der Sakramente erklärte, sagte er: „Ohne das Sakrament der Weihe hätten wir den Herrn nicht. Wer hat ihn da in den Tabernakel gesetzt? Der Priester. Wer hat Eure Seele beim ersten Eintritt in das Leben aufgenommen? Der Priester. Wer nährt sie, um ihr die Kraft zu geben, ihre Pilgerschaft zu vollenden? Der Priester. Wer wird sie darauf vorbereiten, vor Gott zu erscheinen, indem er sie zum letzten Mal im Blut Jesu Christi wäscht? Der Priester, immer der Priester. Und wenn diese Seele [durch die Sünde] stirbt, wer wird sie auferwecken, wer wird ihr die Ruhe und den Frieden geben? Wieder der Priester … Nach Gott ist der Priester alles!“ Und weiter: “ Ohne den Priester würden der Tod und das Leiden unseres Herrn zu nichts nützen. Der Priester ist es, der das Werk der Erlösung auf Erden fortführt … Was nützte uns ein Haus voller Gold, wenn es niemanden gäbe, der uns die Tür dazu öffnet? Der Priester besitzt den Schlüssel zu den himmlischen Schätzen: Er ist es, der die Tür öffnet; er ist der Haushälter des lieben Gottes; der Verwalter seiner Güter … Lasst eine Pfarrei zwanzig Jahre lang ohne Priester, und man wird dort die Tiere anbeten“
http://www.vatican.va/holy_father/benedict_xvi/letters/2009/documents/hf_ben-xvi_let_20090616_anno-sacerdotale_ge.html Stand: 11.7.13
Als ich diesen Text zum ersten Mal las, schauderte mich. Welche Allmachts- und Größenphantasien. Der Zauberpriester, mit Macht über Christus, zwingt ihn, so oft er es will, in der Wandlung ins Brot hinein. Der geweihte Priester hat offensichtlich mehr Macht als Jesus, der als Sohn Gottes verehrt wird. Steht der Priester über Gott? Sich als heilsnotwendiges Werkzeug aufzuspielen, ohne den eine Erlösung der Menschen unmöglich sei, empfinde ich als Ungeheuerlichkeit.
Papst Franziskus stellt diese Priestertheologie nicht in Frage. Ein Wandel in der römischen Kirche kann nur über ein Ende der Sakramentalität erreicht werden. Das, was Bischof Overbeck fürchtet (vgl. Overbeck: Priestermangel gefährdet sakramentale Struktur der Kirche – katholisch.de), ist meiner Meinung nach die Einzige Chance für ein Fortbestehen des christlichen Glaubens. Dieses Ende der Sakramentalität hat in den Länder Europas bereits begonnen und zwar durch den Priestermangel. Die Deutschen Bistümer sind davon unterschiedlich stark betroffen. Die weiter schrumpfende Zahl der Priester wird in Zukunft auch weniger profilierte Bischöfe zur Folge haben. Mit Import Priestern und Bischöfen wird sich das Problem nicht lösen lassen, zumal in anderen, derzeit noch „prosperierenden katholischen Gegenden“, das Problem des sexuellen Missbrauchs mit einer gewissen Zeitverzögerung auch auftritt und auch dort den Priestermangel fördert.
Bleibt die römische Lehre so wie sie ist, gehen wir mit Riesenschritten auf niederländische Verhältnisse zu. Dort spielen die Kirchen im öffentlichen Leben keine Rolle mehr. In Deutschland trifft das immer erneut aufbluppende Thema, sexueller Missbrauch und Vertuschen, in einem Bistum nach dem anderen und dem Beharren der römischen Kirche auf der bisherigen Theologie, die Kirche an ihrem wundestem Punkt: dem Geld. Denn die Zahl der Kirchenaustritte wird von einem Höhepunkt zum nächsten schnellen, wie bei Corona.
Die Deutschen Bischöfe sind ja mehrheitlich nicht blind. Aber wie werden sie sich entscheiden, wenn es zum Schwur kommt? Was, wenn Rom und de Vatikan den deutschen Synodalen Weg abblockt? Werden die Bischöfe dann sagen: Hier steh ich und kann nicht anders? Werden sie aus lauter Gehorsam gegenüber dem Papst einknicken, auch auf de Gefahr hin, dass sich der deutsche Katholizismus in überschaubarer Zeit in Luft auflöst? So wie ich das System in über 70 Lebensjahren kennengelernt habe, tendiere ich zur Einschätzung, dass sie einknicken werden. Dies wird die Austrittswelle weiter beschleunigen. Nach meiner Kenntnis des Neuen Testamentes wurde der Kirche nicht garantiert, dass sie bis in alle Ewigkeit in einer monarchisch absolutistischen Form überleben wird.
Viele Grüße aus Hanau
Hans-Albert Link
Helmholtzstr. 25
63454 Hanau