Hannah Ziegler zu dem zweiteiligen Artikel „Wozu noch Theologie – angesichts des Missbrauchs“ von Knut Wenzel.
Eine solch konventionelle Dogmatik wie die in dem Beitrag von Knut Wenzel vertretene hat das große Ausmaß an sexueller Gewalt in der römisch-katholischen Kirche nicht verhindert. Folglich kann eine solche Theologie keine adäquate Antwort auf sexuelle Gewalt darstellen. Angesichts von sexueller Gewalt von Auswegen zu schreiben kann eigentlich nur jemand, der sie nicht selbst erlebt hat. Als mir als Kind in der römisch-katholischen Kirche sexuelle Gewalt angetan wurde, gab es in diesem Moment keinen Ausweg, denn sonst wäre diese Gewalt ja nicht geschehen.
Auch danach gibt es keinen Ausweg, denn das Geschehene steckt als Körpererinnerung in meinem Körper. Es kann einen Umgang damit geben und eine Aufarbeitung, die neben Angst, Schmerz, Wut und Trauer auch Momente der Heilung mit einschließen kann. Einen Ausweg aus der einmal erlebten sexuellen Gewalt aber gibt es nicht. Für Theologie angesichts sexueller Gewalt ist es notwenig, Trauma und Traumafolgen mitzureflektieren.
Für das Projekt „Theologie angesichts des Missbrauchs“ des Bistum Limburg bin ich als Theologin und Überlebende sexueller Gewalt gebeten worden, dazu zu schreiben. Dieser Text konnte letztendlich jedoch nicht im Rahmen dieses Projektes veröffentlicht werden und wurde deshalb an anderer Stelle publiziert. Dieser Artikel geht von der Erfahrung sexueller Gewalt aus, sodass darin reflektiert wird, welche theologischen Denkfiguren sexuelle Gewalt und ihre Vertuschung mit ermöglicht haben: https://poj.peeters-leuven.be/content.php?url=article&id=3291039&journal_code=ETS.
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Beitragsbild: Von Anna Armbrust, Pixabay