Der Frauenanteil bei katholisch-theologischen Professuren konnte in den letzten Jahren erhöht werden. Allerdings sieht es für die Zukunft schlecht aus. So droht der Anteil an Professorinnen wieder zu sinken. Maria Häusl kommentiert die jüngsten Zahlen des Nell-Breuning Instituts zur Nachwuchssituation in der Katholischen Theologie.
Erfreulicherweise ist seit 2011 der Anteil der Professorinnen in der Katholischen Theologie von 13% auf 23% im Jahr 2016 gestiegen. Dieses Ergebnis lässt sich an der neuesten Erhebung aus dem Jahr 2016 zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Katholischen Theologie ablesen, zu der das Nell-Breuning Institut (Prof. Dr. B. Emunds) jetzt die ersten Zahlen veröffentlicht hat.[1] Die Erhebung wird alle fünf Jahre durchgeführt, und so gehört die Katholische Theologie zu den am besten dokumentierten Fächern und es ist möglich, sowohl Vergleiche mit anderen Fächern vorzunehmen als auch Entwicklungen innerhalb der Theologie abzulesen.
Professorinnen-Anteil in der Theologie 2016: 23%
So ermutigend die Nachricht vom höheren Anteil der Professorinnen für alle Theologinnen, Nachwuchswissenschaftlerinnen und für alle, die ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf allen Ebenen der wissenschaftlichen Theologie anstreben, ist, so wenig gesichert ist eine solche Situation für die Zukunft. Denn die Zahlen zu den Nachwuchswissenschaftlerinnen weisen in eine andere Richtung.
Aber: Mangel an Nachwuchswissenschaftlerinnen
In den grundständigen Studiengängen stellen Theologiestudentinnen zwei Drittel aller Studierenden. Von zehn Frauen würde jedoch noch nicht einmal eine Theologie im Magisterstudiengang studieren. Die große Zahl der Theologiestudentinnen ist auf die Lehramtsstudiengänge zurückzuführen. Sollen diese Frauen für die theologische Forschung gewonnen werden, darf der Schritt zur theologischen Promotion nicht unangemessen hoch sein, zumal eine zunehmende Zahl von theologischen Promotionen mit einem nicht-theologischen Doktorgrad (Dr. phil.) abgeschlossen wird. Eine Promotion in Theologie sollte sich in dieser Konkurrenzsituation auch nach einem Lehramtsstudium als echte Option nahelegen.
Wege vom Lehramtsstudium zur theologischen Promotion verbessern
Während insgesamt in der Wissenschaft zu beobachten ist, dass im Durchschnitt aller Fächer 50% der Promotionen von Frauen abgeschlossen werden – das gilt auch für das Nachbarfach Evangelische Theologie – und sich die berühmte Schere in der Wissenschaft zwischen Frauen und Männern erst auf den Ebenen nach der Promotion auftut (Stand 2013), sieht die Situation in der Katholischen Theologie anders aus.
In der Katholischen Theologie war in den letzten 15 Jahren nur ein Drittel der Personen weiblich, die an einer Promotion arbeiteten (konkret in 2011-2015: 33 %). Im Zeitraum 2011-2015 lag der Anteil der Frauen, die eine Promotion abgeschlossen haben, sogar nur bei 24%. Diese Diskrepanz lässt aufhorchen. Bildet man nämlich den Quotienten aus den im Jahre 2011 für 2011-2015 prognostizierten Promotionsabschlüssen und den tatsächlich in diesem Zeitraum abgeschlossenen Promotionen, so liegt diese Abschlussquote für Männer bei 54,3% (männliche Laien: 59,6%, Welt- und Ordenspriester 48,9%), bei Frauen aber nur bei 24,8%. Die Abschlussquote der Frauen hat sich im Vergleich zu früheren Zeiträumen sogar negativ entwickelt und liegt im Vergleich zu anderen (geistwissenschaftlichen) Fächern deutlich niedriger. Dies ist ein alarmierender Befund!
Ein alarmierender Befund: sinkende Promotionsabschlussquote bei Frauen
Auf der Ebene der Habilitationen ist bereits seit 2006 ein stärkerer Rückgang bei den Frauen als bei den Männern zu beobachten. Seit 2011 habilitierten im Durchschnitt acht Männer pro Jahr, im Vergleich dazu waren es zwischen 2006 und 2010 14,6 Männer pro Jahr. Bei den Frauen sind die Zahlen bereits ab 2006 auf ein bis drei Habilitationen pro Jahr zurückgegangen. Ausnahmen von dieser sehr geringen Anzahl an Habilitationen gibt es nur in zwei Jahren, wo sieben bzw. sechs Frauen habilitierten. Damit ergibt sich ein Anteil der Frauen von gerade mal 20% an den Habilitationen in den letzten neun Jahren (2006-2014).
Mit dieser geringen Anzahl an habilitierten Frauen ist die anfangs erwähnte erfreuliche Entwicklung bei den Professorinnen leider nicht ansatzweise fortzusetzen. Im Gegenteil, es muss damit gerechnet werden, dass noch nicht einmal der jetzt erreichte Anteil von 23% an Professorinnen auf Dauer zu gewährleisten ist. Schließlich sei darauf hingewiesen, dass sich die Professorinnen ungleich auf die verschiedenen universitären Einrichtungen verteilen: nicht-fakultäre Einrichtungen: 30%, theologische Fakultäten: 16% und kirchliche Hochschulen: 5%.
Vier Überlegungen
An diese ernüchternden Zahlen und zugegebenermaßen kaum erfreulichen Beobachtungen will ich vier Überlegungen anschließen:
- Der Weg aus den Lehramtsstudiengängen in die theologische Wissenschaft ist als echte berufliche Option ohne hohen Hürden zu gestalten, um attraktiv zu sein.
- Bevor für die Phase der Promotion und Habilitation Maßnahmen ergriffen werden, sollte genauer untersucht werden, was Frauen zu verlängerten Promotionszeiten oder gar zum Abbruch der Promotion veranlasst, und warum sich Frauen seltener als Männer für die wissenschaftliche Theologie als Beruf entscheiden. Wie es scheint, stehen Nachwuchswissenschaftlerinnen in der Theologie nicht nur vor den strukturellen Problemen, die sich für alle Frauen in der Wissenschaft stellen, sondern auch vor Problemen, die spezifisch für die Katholische Theologie sind.
- Bei den Maßnahmen ist nicht nur auf eine gezielte Förderung der Frauen zu setzen (Mentoring- und Coaching-Programme), sondern es sind strukturelle Maßnahmen wichtig, die eine wissenschaftliche Karriere attraktiv und planbarer machen (Reduzierung der finanziellen Unsicherheit in der Qualifizierungsphase, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Durchlässigkeit zwischen wissenschaftlichen und pastoralen Berufsfeldern). Die Deutsche Bischofskonferenz hat vor zwei Jahren einen Arbeitskreis „Berufsperspektiven von Theologinnen an Hochschulen“ konstituiert, der sich eingehend mit diesen Fragen und möglichen Lösungen befasst.
- Schließlich ist auf eine umfassende wissenschaftliche Förderung durch die verantwortlichen Hochschullehrerinnen und –hochschullehrer sowie durch die wissenschaftlichen Netzwerke und Arbeitsgemeinschaften zu achten. Noch immer sind die Hochschullehrenden die Gate-Keeper zur Wissenschaft als Beruf. Daher ist nicht nur wichtig, wie sie die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses aktiv gestalten, sondern auch, welches Ideal sie von einer wissenschaftlichen Person (bewusst oder unbewusst) haben: Gilt Wissenschaft als Lebensform, die den vollen Einsatz erfordert und eingebettet sein muss in eine private Lebensform, die diesen Einsatz ermöglicht?
Notwendig: individuelle und strukturelle Frauenförderung – und der Wille, Frauen auf Professuren berufen zu wollen
Um das Ziel eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses auf allen Ebenen, einschließlich der Professuren zu gewährleisten, ist also nicht nur auf die individuelle Förderung der Frauen, auf die Verbesserung von strukturellen Bedingungen und das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu achten. Es ist vielmehr auch der Wille zu stärken, Frauen letztlich auf Professuren berufen zu wollen. Dies gilt etwa für Berufungskommissionen oder für die Tätigkeit als Gutachter*in.
[1] Die hier zugrunde gelegten Daten sind entnommen: http://nbi.sankt-georgen.de/fileadmin/redakteure/Dokumente/2017/Praesentation_Nachwuchsstudie_2016.pdf und http://kthf.de/wp-content/uploads/2016/02/Statistiken-Berichtsheft-2016.pdf
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Prof. Dr. Maria Häusl ist Professorin für Biblische Theologie an der Technischen Universität Dresden.
Bild: Jon Tyson / unsplash.com