Karl Rahner war nicht nur ein theologischer Kirchenvater der Moderne, sondern auch ein überragender geistlicher Lehrer. Als solcher begleitet er Feinschwarz.net durch die Feiertage. Die Redaktion wünscht allen Leser:innen ein gutes, hoffnungsstarkes Neues Jahr!
„Ein neues Jahr kommt. Was wird es bringen? Ich meine nicht: für die Welt, für die Politik und die Kirche. Ich meine: für mich. Gerade für mich. […]
Ich interessiere mich dafür mit dem ganzen Ernst der Ewigkeit. Was da kommt, geht ja nicht wieder fort. Es kommt, um zu bleiben. Es geschieht, um zu sein, nicht um zu vergehen. Es stürzt in die Leere der Zeit, um sich zu erfüllen. Es ist das Geheimnis der Ewigkeit in der Zeit. […]
Wo gibt es die Fülle der Zeit in meinem Leben, wo die Sternenstunde, die das ganze Dasein in sich fasst? […]
Der Schatz der Vergangenheit ist die Freiheit der Zukunft
Ich habe […] nichts, weil ich es früher erwarb, sondern ich habe, weil ich dauernd werde, was ich früher schon geworden bin.
Das Frühere ist immer nur die Aufforderung, werden zu lassen, was geworden ist, und die Verheißung, dass auch jetzt gelinge, was schon einmal gelungen ist. […] Der Schatz der Vergangenheit ist die Freiheit der Zukunft. […]
Was bringt das neue Jahr für mich?
Gott in der Fülle meiner Zeit.“
Karl Rahner SJ (1904-1984) war ein Jahrhunderttheologe, der die jüngere Theologiegeschichte wie kaum ein zweiter inspiriert hat (Stichwort: Anthropologische Wende). Er lehrte Theologie und Religionsphilosophie in Innsbruck, München und Münster und prägte mit seinem Denken unter anderem das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965).
Aus: Karl Rahner, Glaube, der die Erde liebt. Christliche Besinnung im Alltag der Welt, Freiburg/Br. 1966, 46-58.
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten.
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