Karl Rahner war nicht nur ein theologischer Kirchenvater der Moderne, sondern auch ein überragender geistlicher Lehrer. Als solcher begleitet er Feinschwarz.net durch die Feiertage. Inspirationen für eine kitschfreie Weihnacht im Übergang zum neuen Jahr!
„Siehe, die Weisen haben sich aufgemacht. […] Sie werden ihr kühnes Herz selbst ein wenig gefürchtet haben […]. Aber das Herz ist stark und selig mutig. Sie gehorchen ihm und gehen. Und plötzlich, als sie die Heimat hinter sich gelassen haben, wird ihr Herz leicht, wie das Herz eines, der alles gewagt hat und mutiger ist, als man eigentlich […] sein kann. Sie gehen verschlungene Pfade, aber vor Gottes Augen ist es der gerade Weg zu ihm […].
So wandern sie. Der Weg ist weit – die Füße oft müde – das Herz oft schwer und verdrossen. […] Ihr Herz aber hält durch, sie wissen selbst nicht, woher der Mut und die Kraft immer wieder kommen, […] die immer nur gerade reichen, die aber auch nie ausgehen […]. Ihr Herz lässt sich nicht verschüchtern. […]
Abenteuerliche Reise des Herzens
Lasst auch uns auf die abenteuerliche Reise des Herzens zu Gott gehen! […] Lasst uns vergessen, was hinter uns liegt. Es ist noch alles Zukunft. Es sind noch alle Möglichkeiten des Lebens offen, weil wir Gott noch finden, noch mehr finden können. Nichts ist vorbei und dem verloren, der Gott entgegenläuft […]. […] Herz, verzage nicht über den Anblick des Pilgerzuges der […] Menschen, die gebückt unter der Last ihrer verschwiegenen Qual weiterziehen, immer weiter […].
Verzage nicht: Der Stern ist da und leuchtet. Die heiligen Bücher sagen, wo er zu finden ist. Die sehnsüchtige Unruhe treibt. […] Brich auf, mein Herz, und wandre! Es leuchtet der Stern. Viel kannst Du nicht mitnehmen auf dem Weg. Und viel geht dir unterwegs verloren. […] Gold der Liebe, Weihrauch der Sehnsucht, Myrrhe der Schmerzen hast du ja bei dir. Er wird sie annehmen.“
Karl Rahner SJ (1904-1984) war ein Jahrhunderttheologe, der die jüngere Theologiegeschichte wie kaum ein zweiter inspiriert hat (Stichwort: Anthropologische Wende). Er lehrte Theologie und Religionsphilosophie in Innsbruck, München und Münster und prägte mit seinem Denken unter anderem das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965).
Aus: Karl Rahner, Kleines Kirchenjahr. Ein Gang durch den Festkreis, Freiburg/Br. 1981, 39-42.
Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Zentraleuropäischen Provinz der Jesuiten.
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