Die hohe Motivation von Kindern, Eltern und KatechetInnen in der Erstkommunionkatechese ruft nach mehr inhaltlicher Auseinandersetzung über Fragen des Glaubens. Gemeindeassistentin Christine Wüst-Rocktäschel und der praktische Theologe Peter Orth stellen Ergebnisse einer kleinen Studie vor.
In der Regel bereiten ehrenamtliche KatechetInnen Kinder auf die Erstkommunion vor, wobei die Leitung der Katechese in den Händen einer hauptamtlichen pastoralen Kraft liegt. Was aber motiviert die KatechetInnen zu dieser Tätigkeit? Wie verstehen sie ihre Rolle? Sind sie zufrieden mit der Begleitung durch die hauptamtlichen MitarbeiterInnen der Pfarreien und fühlen sie sich fachlich qualifiziert und unterstützt? Was wünschen sie sich von der Pfarrgemeinde und den hauptamtlichen Kräften? Diesen Fragen ging eine Forschungswerkstatt an der Katholischen Hochschule in Mainz unter Leitung von Prof. Peter Orth und Prof. Dr. Peter Kohlgraf nach. Ziel der kleinen qualitativen Studie war, neben einer Bestandsaufnahme der aktuellen Praxis, zu eruieren, welche Defizite Beteiligte am Vorbereitungsprozess wahrnehmen und welche Potenziale gehoben werden könnten. In den mittels Kurzfragebögen und Tiefeninterviews ermittelten Ergebnissen kommt Altbekanntes zum Vorschein, aber auch bisher nicht wahrgenommene Hinweise. Die geringe Zahl der Interviews lässt natürlich keine Verallgemeinerungen zu. Interessant wäre es, den mit den folgenden Thesen begonnenen Diskurs weiterzuführen und pastorale Konsequenzen abzuleiten:
1. Erstkommunionkatechese verläuft traditionell
Erstkommunionkatechese läuft im süd-westdeutschen Raum noch fest im Rahmen traditionell verankerter Modelle: Vorwiegend beteiligte Eltern – häufiger Mütter, aber auch zunehmend Väter – bereiten die Kinder in überschaubaren Kleingruppen in wöchentlichen Treffen auf den Sakramentenempfang vor. Begleitet wird die Katechese von einigen Elternabenden, gemeinsamen Gottesdiensten und gelegentlich zusätzlichen, anlassgebundenen Treffen, wie beispielsweise Kommunionkinderwochenenden, dem Weihnachtskrippenspiel oder der Teilnahme an Sternsingeraktionen.
2. Ziel: Freude am Glauben kennenlernen
Die Mehrzahl der befragten KatechetInnen stellte sich zur Verfügung, weil das eigene Kind zur Kommunion geht. Die Studie zeigt, dass alle GesprächspartnerInnen Glauben als wichtig für ein gelingendes Leben erachten und allen Kindern einen solchen Glauben wünschen. Sie möchten die Kinder in der Erstkommunionkatechese zu einer angemessenen Auseinandersetzung mit dem Glauben führen und dessen gemeinschaftsstiftende Wirkung erlebbar machen.Mehrfach wurde genannt, wie wichtig es ihnen ist, dass die Kinder den Wert und die Freude einer Gemeinschaft aus dem Glauben kennenlernen dürfen.
3. Motivation: Den eigenen Glauben reflektieren und weiterentwickeln
Eine hohe Motivation liegt für die KatechetInnen in der Wichtigkeit und der Möglichkeit zur Reflexion des Glaubens in Bezug auf das eigene Leben. Ihrer eigenen Einschätzung nach gelingt dies durch die katechetische Arbeit mit den Erstkommunionkindern. Nahezu alle Befragten formulierten, dass sie ihren Glauben nach der Katechese als fokussierter, reflektierter und präsenter erleben. Für die StudienteilnehmerInnen tut sich hier eine große Chance für den eigenen Glauben, wie den der Kinder auf.
4. Der/die KatechetIn als Lehr- und Vertrauensperson
In das Bild einer traditionellen Sakramentenvorbereitung passt die Rollenvorstellung, die KatechetInnen von sich selbst haben. Hiernach befragt, gaben die meisten KatechetInnen an, dass sie sich zum einen als „Lehrperson“ verstehen, die Inhalte des Glaubens vermitteln möchte. Ebenso verstehen sich die KatechetInnen als ZeugInnen, die für den Glauben einstehen, so dass am Katecheten bzw. an der Katechetin für die Kinder erlebbar wird, dass Glaube in den Alltag übertragen werden kann.Vielfach und mindestens in der Wertung gleich hoch eingeschätzt wurde die Rolle als Vertrauensperson, die in existentiellen Fragen begleitet. Die LeiterInnen der Studie fragen allerdings kritisch, ob sich die KatechetInnen, die die Kinder ja nur eine begrenzte Zeit begleiten, mit dieser Rollenvorstellung nicht überfordern. Allen befragten KatechetInnen ist eine gute Beziehungsatmosphäre in der Kleingruppe und ein vertrautes Miteinander auf Augenhöhe mit den hauptamtlichen Kräften und unter den KatechetInnen wichtig.
5. Mehr Teamarbeit zwischen KatechetInnen und hauptamtlichen Kräften
Die KatechetInnen beklagten allerdings, dass mit der Übergabe des Kursmaterials meist das Ende der inhaltlichen und fachlichen Begleitung seitens der hauptamtlichen TheologInnen erreicht ist. Die ehrenamtlich Tätigen bedauern dies und wünschen sich, dass es mehr Raum zum Austausch über Glaubensinhalte und deren Bedeutung gibt. Auch eine über das Kursmaterial hinausgehende Beschäftigung mit Didaktik und Methodik der Vermittlung von Glaubensinhalten spielten bei den Treffen mit den hauptamtlich Verantwortlichen kaum eine Rolle. Die Folge der mangelnden Begleitung in fachlicher Hinsicht ist nach Aussage einiger KatechetInnen, dass sie die Kurse relativ unreflektiert „abarbeiten“ und sich nicht in der Lage sehen, auf individuelle Prozesse in der Katechese angemessen einzugehen.
6. Wunsch nach mehr Einbindung der Gemeinde und in die Gemeinde
Die befragten KatechtInnen wünschen sich für ihr Engagement mehr Einbindung der Gemeinde in die Katechese und auch mehr Einbindung der Katechese in die Gemeinde. Das nur gelegentliche „Auftauchen“ der Kommunionkinder in der Gemeinde und das quasi „Nicht-Auftauchen“ von Gemeinde in der Katechese ist ein Defizit, das alle KatechetInnen in der Reflexion bedauern. Das Verhältnis der KatechetInnen zu ihrer Pfarrgemeinde und zur Kirche allgemein verändert sich bei nahezu allen Befragten nicht – es wird nicht enger, nicht verständnisvoller, nicht intensiver. LeiterInnen und TeilnehmerInnen der Forschungswerkstatt bewerten dieses Ergebnis als bedauerlichen Befund, der eine vertane Chance der Gemeinden belegt.
7. Fehlende spirituelle Auseinandersetzung in der Elternarbeit
Die Elternarbeit, so das Urteil der KatechetInnen, bleibt oft auf einer organisatorischen Ebene „hängen“. Fragen zu Vorbereitung und Ablauf des Festes, zur Ausstattung der Kommunionkinder, etc. nehmen extrem breiten Raum ein. Es gibt aber kaum eine spirituelle, persönliche Auseinandersetzung mit Inhalten des Glaubens und dem Sakrament der Eucharistie. Gerade auch als Eltern wünschen sich die KatechetInnen hier mehr Inhalte und Unterstützung für ihre Arbeit.
8. Aktuelle und flexible Module statt starrer Chronologie
Zwei Drittel aller KatechetInnen gaben an, mit einem festen Kurs, also einem Buch oder Werkmaterial zu arbeiten, der ihnen von den hauptamtlichen MitarbeiterInnen der Pfarrei zur Verfügung gestellt wurde. Die Materialien empfanden die KatechetInnen meist als sehr hilfreich und sinnvoll, auch wenn sie sich dadurch zuweilen eingeengt fühlen und bedauern, der Dynamik der Kleingruppe oft nicht gerecht werden zu können. Modulare Modelle, die für individuelle Fragen adaptierbar sind, erwiesen sich in diesem Zusammenhang als hilfreicher denn solche, die einer starren Chronologie folgen. Wichtig war auch, dass die Kurse und Materialien aktuell und methodisch vielfältig sind.
9. Der „Dauerbrenner“: Problemfeld Beichte
Fest der Versöhnung, Sakrament der Buße oder schlicht Beichte: Gleich welchen Namen man in der Vorbereitung auf die Erste Heilige Kommunion dem Kinde gibt, die Auseinandersetzung mit dem Sakrament der Versöhnung ist und bleibt ein schwieriges Thema. Die Studie ergab, dass Kinder immer noch und ungebrochen von ihren Eltern und Großeltern ein schlechtes Bild der Beichte vermittelt bekommen: Die Beichte sei mit Vorsicht zu genießen, rede Schuld ein oder wolle kontrollieren. Interessant ist, dass nach Aussagen der KatechetInnen die Kinder selbst ganz andere Erfahrungen machen. Zwar nähern sie sich dem Sakrament zögerlich und verunsichert, erleben es dann aber als völlig unproblematisch und sehr kindgerecht vollzogen. Voraussetzung für dieses Erleben ist allerdings Freiwilligkeit statt Zwang. Die Beichte findet häufig als offenes Gespräch zwischen Priester und Kind in einem Raum, nicht im Beichtstuhl statt. Den Abschluss bildet ein gemeinsames Fest der Versöhnung in der Gruppe. KatechetInnen und deren Aussagen zufolge auch Eltern fehlt laut Studie oft ein kirchlich und theologisch zeitgemäßer, anthropologisch angemessener Blick auf das Bußsakrament.
Fazit: Die Potenziale der Erstkommunionkatechese nutzen!
In Zusammenfassung der Studienergebnisse bleibt die Erkenntnis, dass die KatechetInnen ein hohes Interesse an Inhalten des Glaubens und damit zusammenhängenden Fragen zeigen. In Vorbereitung und Durchführung der Erstkommunionkatchese reflektieren sie ihren Glauben. Dabei wünschen sie sich mehr fachlichen Input und theologische Begleitung.
Ähnlich lautet der Befund im Hinblick auf die Kinder: Auch ihnen bescheinigen die KatechetInnen ein enormes Interesse an den Inhalten und eine wache Neugierde für Fragen des Glaubens. Die Erstkommunionkatechese ist eine gute Möglichkeit, das Potenzial zu heben, den Fragen der Kinder nachzugehen, Inhalte zur Verfügung zu stellen und sie im Glauben zu begleiten.
Last but not least trifft diese Analyse auch auf die Elternarbeit zu; die meisten Elternabende thematisieren zu viel Organisatorisches und bieten zu wenig Raum für die inhaltlichen Fragen und Interessen der Eltern.
Die Ergebnisse der Studie können als ermutigende Aufforderung an die hauptamtlich in der Erstkommunionvorbereitung Tätigen verstanden werden. Sie können sich mit Fug und Recht darüber freuen, dass es Interesse an den Inhalten des Glaubens und am Geheimnis der Sakramente gibt – und das von Kindern, Eltern und KatechetInnen. Die darin liegenden Potenziale auf je eigenem und angemessenem Weg zu heben, das bleibt anspruchsvolle Aufgabe der pastoralen Teams gemeinsam mit allen interessierten Menschen vor Ort.
Text: Christine Wüst-Rocktäschel, Gemeindeassistentin im Bistum Mainz, und Prof. Peter Orth, Katholische Hochschule Mainz, Fachbereich Praktische Theologie
Bild: Laura Aziz/ unsplash.com