Leser*innenbrief zum Schreiben „Querida Amazonia“ von Lisa Kötter, Maria 2.0. Über Täuschung und Enttäuschung
Nein, keine Enttäuschung. Weil, wo wäre denn die Täuschung gewesen?? Papst Franziskus ist klug. Er spricht in poetischer Sprache. Die lässt Platz und Raum. Die weitet statt zu verengen. Die lässt Eigenverantwortung und Eigensicht zu. Und zu der ermuntert er, seit er im Amt ist. Das wird gerne von denen überhört, die Regeln brauchen und zwar am liebsten welche, die in Ewigkeit gegossen zu sein scheinen.
Im größten Teil dieses Schreibens erläutert Papst Franziskus in poetischen Worten seine Gedanken zum Respekt den Menschen Amazoniens und ihrer Kultur gegenüber, der Bewahrung ihrer Heimat, der Schöpfung, der Lebensräume für Menschen und Tiere, den Respekt zu besonderen, durch die indigenen Kulturen geformte, Glaubenspraktiken, und die Notwendigkeit, die Menschen dort zu unterstützen und vor Übergriffen zu schützen. Das alles ist eine Fortführung seiner Themen, seines Arbeitens für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung. Das ist sein Thema, das macht er wunderbar.
Erst ganz am Schluss des Schreibens geht er auf Fragen der Weihe ein. Nichts Neues zu finden kann man denken. Aber, gewohnt offen, wenn auch oft interpretierbar durch die Art der Formulierungen, finden sich hier doch ein paar interessante Aspekte.
Wie im katholischen Duktus üblich macht er sich Gedanken über das „speziell“ Weibliche- netterweise diesmal ohne uns als „Carne Nobile“- das edelste Fleisch- zu bezeichnen. Er wendet sich gegen einen, durch Priesterinnenweihe hervorgerufenen, weiblichen Klerikalismus (100). Warum nicht auch gegen einen männlichen – das ist und bleibt ja das ewige katholische Geheimnis. Festzuhalten ist jedoch, dass Klerikalismus durchaus negativ konnotiert wird. Er fordert NEUE Ämter für Frauen, die einen „echten und effektiven Einfluss…bei den wichtigsten Entscheidungen und bei der Leitung von Gemeinschaften haben…“ (103). Ja, das ist doch was, Ihr lieben Bischöfe. Damit lässt sich arbeiten!
Er redet von den Frauen, die am Amazonas die Gemeinden aufrechterhalten, obwohl dort oft Jahrzehnte lang kein Priester vorbeikommt. (99) Das heißt doch, dort wird der jesuanische Auftrag: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ und „wo zwei oder drei…“- sehr gut erfüllt, auch ganz ohne Priester*in! Und glaubt denn jemand, Jesus wäre dort nicht unter ihnen? Weil „geweihte Hände“ fehlen? … soviel zur „Bedeutung“ der Weihe.
Offensichtlich glaubt auch Papst Franziskus nicht an einen Gott, der erbsenzählerisch abhakt, wer welches (Weihe-)Amt innehat, um das Andenken seiner Liebe zu uns Menschen zu feiern. Menschen, Frauen und Männer, tun einfach in seinem Namen die richtigen Schritte. Wartet nicht auf die Regelschreiber und Recht- Besitzer. Wir brauchen weder männlichen noch weiblichen Klerikalismus. Und weder einen von oben noch von unten.
Was das Priesterbild angeht, sein Frauenbild, seine Sicht auf den Zölibat, erzählt Papst Franziskus nichts Neues. Es scheint ihn auch nicht sonderlich zu interessieren. Mag sein, weil er genau weiß, dass die Wirklichkeit die katholischen Regeln schon lange ignoriert (siehe Abschnitt 99). Er schreibt über einen „Ausweg…durch ein Überfließen…indem man über die Dialektik, die die Sicht begrenzt, hinausgeht, um Größeres zu erkennen, das Gott uns schenken will.“(105).
Franziskus wünscht sich eine synodale Kirche. Also. Nichts Neues. Nichts Enttäuschendes, Frauenbild unverändert, gehen wir weiter.
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Lisa Kötter engagiert sich bei Maria 2.0