„Noch bist du da“ der Titel des Gedichts von Rose Ausländer signalisiert, dass das Leben unter dem Vorzeichen der Vergänglichkeit steht. Es stammt aus dem Jahr 1977, als die Dichterin beschloss, ihr Zimmer im Altersheim nicht mehr zu verlassen.
Noch bist du da
Wirf deine Angst
in die Luft
Bald
ist deine Zeit um
bald
wächst der Himmel
unter dem Gras
fallen deine Träume
ins Nirgends
Noch
duftet die Nelke
singt die Drossel
noch darfst du lieben
Worte verschenken
noch bist du da
Sei was du bist
Gib was du hast
Rose Ausländer[1]
„Noch bist du da“ der Titel des Gedichts von Rose Ausländer signalisiert, dass das Leben unter dem Vorzeichen der Vergänglichkeit steht.
Mit „bald“ und „noch“ klingt die Zeit an, die flüchtige.
Auch Hoffnung und Trost: Dass bald eine Zeit des Leidens zu Ende geht.
Dass Leben noch möglich ist. Gerade jetzt und ohne Angst:
„Sei was du bist / Gib was du hast“.
Das Gedicht stammt aus dem Jahr 1977, als die Dichterin beschloss, ihr Zimmer im Altersheim nicht mehr zu verlassen. Es erschien 1981 im Taschenbuch „Im Atemhaus wohnen“.
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Gedanken zum Gedicht und Beitragsbild: Franziska Loretan-Saladin, Mitglied des Redaktionsteams von feinschwarz.net.
[1] Wieder abgedruckt in: Rose Ausländer, Regenwörter. Gedichte, Hrsg. von Helmut Braun, Stuttgart (Reclam) 2011, S. 95.