Gleich doppelt Grund zum Feiern hat das Redaktionsteam von feinschwarz.net: Sowohl die Redaktion als auch das Redaktionsmitglied Julia Enxing werden mit dem Herbert Haag Preis 2023 ausgezeichnet. Zu diesem außergewöhnlichen Anlass dokumentieren wir die Medienmitteilung sowie die Dankesworte von Rainer Bucher – stellvertretend für die feinschwarz-Redaktion – und die Festrede von Julia Enxing.
Herbert Haag Preis 2023:
Den innerkirchlichen Raum überschreiten und an säkularen Debatten partizipieren
Der Herbert Haag Preis 2023 geht an Julia Enxing, Professorin für Systematische Theologie an der Technischen Universität Dresden, und an das theologische Feuilleton «Feinschwarz», ein österreichisch-schweizerisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt. Mit der Vergabe wird das Bemühen der Preisträgerinnen und Preisträger gewürdigt, den innenkirchlichen Bereich zu überwinden und Theologie in säkularen Kontexten zu betreiben. Die Preisverleihung findet am 26. März 2023 in Luzern statt.
Julia Enxing promovierte über die amerikanische Prozesstheologie (Charles Hartshorne) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und habilitierte sich mit der Forschungsarbeit «Schuld und Sünde (in) der Kirche» an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main. Nach wissenschaftlichen Engagements in Münster, Osnabrück, Bamberg und Oldenburg sowie der Tätigkeit als theologische Referentin an der Katholischen Akademie St. Jakobushaus in Goslar wurde sie 2020 zur Professorin für Systematische Theologie am Institut für Katholische Theologie an der Technischen Universität Dresden ernannt.
Theologie im Hier und Heute
Julia Enxing betreibt Theologie mit einem klaren Gegenwarts- und Gesellschaftsbezug. Im Fokus ihrer Interessen stehen Gerechtigkeitsfragen – insbesondere Fragen der ökologischen Gerechtigkeit, der Geschlechtergerechtigkeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es sind zugleich Fragen nach dem guten Leben, die sie umtreiben: Ihr schöpfungstheologisches Denken wendet sich allem Lebendigen zu – ob nun menschliches oder nichtmenschliches Sein – und benennt in einer lebensbejahenden Option das Prekäre und Gefährdete. Darin knüpft sie an Befreiungstheologien aus unterschiedlichen Zusammenhängen an.
Sie versteht Theologie als eine Kritik «ad intra», an innerkirchlichen Verhältnissen also, wenn sie etwa «Schuld und Sünde» im Rückgang auf befreiungstheologische Theologien nicht bloss in einer individuellen, sondern auch in einer strukturell-institutionellen Perspektive interpretiert. Zum anderen steht sie für einen theologischen Ansatz, der sich konsequent an säkularen gesellschaftlichen Kontexten abarbeitet und sich so nicht binnenkirchlich begrenzen lässt. Theologie hat damit auch die Funktion einer Kritik «ad extra». Julia Enxing stellt sich diesem Anspruch als interdisziplinär arbeitende und international vernetzte Wissenschaftlerin, aber auch als Vermittlerin theologischer Positionen, indem sie etwa in Radio, Fernsehen, Presse und im Internet Stellung bezieht.
Für Klartext und Vielfalt
Seit 2005 betreibt eine ehrenamtliche Redaktion aus Österreich, Deutschland und der Schweiz das theologische Feuilleton «feinschwarz.net». Getragen wird die Initiative von einem Verein und einem vierköpfigen Vorstand. Das Online-Magazin erreicht mittlerweile 100’000 Leserinnen und Leser pro Monat. Damit ist es eines der führenden unabhängigen Medien im kirchlich-theologischen Bereich.
Inhaltlich ist die Redaktion der Umsetzung der Impulse verpflichtet, die das Zweite Vatikanische Konzil formuliert hat. Richtschnur ist die Konzilskonstitution «Gaudium et spes» mit ihrem ersten Satz: «Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.» Aktuelle Beiträge aus den Bereichen Gesellschaft und Politik, Kultur, Religion und Kirche erscheinen von Montag bis Freitag und stehen einer breiten Leserschaft kostenlos zur Verfügung. «feinschwarz.net», das nach eigenem Bekunden Theologie unters Volk bringen will, konnte im Verlauf der Zeit eine breite Palette an Autorinnen und Autoren gewinnen.
Wichtig ist es «feinschwarz.net», Klartext zu sprechen – diskursiv und dialogisch. Damit leistet es einen Beitrag dazu, dass die kirchliche Öffentlichkeit diskussionsfreudiger und vielfältiger wird. Gleichzeitig beteiligt es sich aus theologisch-religiöser Perspektive konsequent auch an ausserkirchlichen Debatten.
Den Weg weitergehen
Sowohl Julia Enxing als auch die Macherinnen und Macher von «feinschwarz.net» werden dafür ausgezeichnet, dass sie mit ihrem Engagement konsequent den kirchlichen Binnenraum überschreiten und sich am säkularen Diskurs aus einer theologisch-religiösen Optik beteiligen. Sie treten damit für eine offene und dissensfähige Gesellschaft ein. Der Herbert Haag Preis will sie ermutigen, ihren Weg weiterzugehen. Dies ist um so wichtiger, als die gesellschaftlichen Debatten im Vergleich zu innerkirchlichen Entscheidungen und Weichenstellungen zusehends relevanter sind für das allgemeine Bewusstsein.