Beginnt die Kirche zu erkranken? Oder ist sie es schon lang? Philomena Holfeld antwortet mit einem Gedicht und lädt ein, zwischen den Zeilen zu lesen. Ein kämpferischer Hoffnungsschimmer.
Das Antlitz bröckelt, die Männer wanken, die Stühle wackeln, es kreisen Gedanken. Beginnt nun die Kirche zu erkranken? Oder ist sie es schon lang? Weihrauch verdunkelt nicht länger die Sicht durch einen Türspalt Licht hereinbricht. Leise zu sein scheint nun die Pflicht, doch beuge ich mich dem Zwang? Die Mauern um mich sind starr und fest, lenken den Blick bis auf ein Podest auf welchem der Priester den Altar verlässt, erst dann setzen sich alle wieder. Das alles ist mir nicht unbekannt, mit allem verbind ich ein starkes Band über Heimat, Familie mir verwandt, bin ich eines dieser Glieder. Doch weiß ich auch, um das Leid und das Schrei‘n. Fast schäme ich mich, nur dabei zu sein. Ist all die Fassade nur Lug und Anschein? Ich bin ent-täuscht. Scherben der Illusion einer Welt – in der die Kirche an Freiheit festhält, Übel lindert und dem nicht verfällt - haben sich angehäuft. Menschen tragen Schmerzen mit sich, Sehnsüchte bleiben zudem vergeblich. Der Beitrag der Kirche ist nicht unerheblich. Wollte sie nicht heilen? Es schallt laut vom Ambo noch ein Rückzugs-Kommando, immerzu ritardando. Wem will sie Lektionen erteilen? Und meine Rolle, mein Schicksal dabei? Bin und bleibe ich ganz zweifelsfrei und schaue dabei nicht auf jedes Detail? Gehen? Nein, ich existiere. Dann wär es ein leichtes nur dabei zu steh‘n und das zu echoen woher die Winde weh‘n. Mund zu, es spricht grade das System. Stumm? Nein, ich reflektiere. Mich wegzudenken würde schwer, denn ich setze mich zur Wehr. Die Sache ist die und der Umstand ist der: Ich bin ein weibliches Wesen. Noch dazu bin ich nicht allein, das ist kein Kampf, nein, es ist schlichtes Dasein. Bitte auch zwischen den Zeilen lesen. Also demonstriere ich und probiere ich und demontiere ich jedes Wort. Und dann suche ich und dann fluche ich und dann verbuche ich noch mehr Fragen. So wird viel sinniert und bedacht, was denn nun den Fels ausmacht. Ist es schon Tag oder noch Nacht? Das kann dauern. Das Ziel ist gar nicht so ungenau, man weiß es braucht Mann wie Frau, bunt koloriert, statt aschgrau. Das Volk will Wenden, keine Mauern. Strahlen treffen die Oberfläche. Alles dringt ein, jede Stärke und Schwäche, die ich dann vor dir erneut anspreche. Es reflektiert. Spiegel bringen die Wellen wieder: Diese hier sind nun deine Glieder, aber mit einem neuem Kaliber. Es wird konfrontiert. Kirche muss mehr sein als wir meinen. Wir müssen mehr sein als wir scheinen. Schließlich gehören wir zu den Seinen. Schau gespannt hin. Liebe Kirche, lieber Christ* Sei verdammt oder das, was du bist. Sei nicht, was du warst, sondern das was ist. Deine Reflektantin.
___
Text: Philomena Holfeld, Studentin der katholischen Theologie und der Germanistik an der TU Dresden.
Bild: Philomena Holfeld