Zum Beginn der Fastenzeit bietet Helmut Loder einen künstlerisch-besinnlichen Zugang zum Verständnis von Aschermittwoch und Fastenzeit. Einen reinen Tisch machen als begleitendes Motiv.
Sie ist wieder da, die Fastenzeit. Pünktlich wie immer. Steht im Kalender, ziemlich früh. Die Zeit der Umkehr, des Aufräumens, Wegräumens, des Abräumens. Was?
Unsere vollen Tische. Die sich biegen unter der Last der Dinge. Die wir angeblich dringend brauchen. Die wir wollen. WILL HABEN, sagt die Werbung. Sagt die App. Volle Tische in den Wohnungen, in den Geschäften. In den Büros und Arbeitsplätzen, in den Restaurants. Überall biegen sich die Tische. Nicht immer und überall, das ist klar. In vielen Teilen unserer Welt finden sich nur leere Tische.
Da kommt die Fastenzeit gerade recht. Um reinen Tisch zu machen. Abzuräumen, was mich und uns daran hindert, verantwortet gut zu leben. Achtsam zu leben. Mit Blick auf Christus. Mit Blick auf Gott.
Manchmal sagen wir: Wir müssen einen TISCH reservieren. Für ein Festessen, einen besonderen festlichen Anlass. Für eine Besprechung. Für 40 Tage habe ich in unserer Pfarrkirche einen Tisch reserviert. Einen FASTEN-TISCH. Und jeden Tag stelle ich eine TISCH-Karte drauf. Mit Impulsen und Anregungen. Gebeten und Bildern.
Ein Fastentisch ist ein leerer Tisch ist ein …
Peter Bichsel hat eine legendäre Geschichte übertitelt mit: „Ein Tisch ist ein Tisch ist ein Tisch …“ Ich schreibe: „Ein FASTEN-TISCH ist ein leerer Tisch ist ein …“ und ich freue mich, wenn sich viele mit mir in den nächsten Tagen einen Gedanken lang an den FASTEN-TISCH zu Hause setzen, reinen TISCH machen, oder anderes, … damit wir zum großen Fest des Lebens am Ende der Fastenzeit einen vollen OSTER-TISCH vorfinden!
Aschermittwoch: Ein Kreuz aus Asche. Vergänglich, ein wenig schmierig.
Aschermittwoch. Der Tag der Asche. Genauer des Aschenkreuzes. Ein Kreuz auf der Stirn. Eigentlich nicht normal. Ungewöhnlich. Unüblich.
Ein Kreuz um den Hals schon eher. In Gold womöglich. Um Eindruck zu schinden. Seht her. Ich hab´s. Ich hab´s mit dem Kreuz.
Heute ist es ein Kreuz aus Asche. Vergänglich, ein wenig schmierig. Abwaschbar. Leicht zu entfernen.
Was wäre, wenn dieses Zeichen 40 Tage nicht zu entfernen wäre? Unwillkürliche Geste nach dem Empfang des Kreuzes: Wegwischen, entfernen. Manche fühlen sich wie beschmutzt. Auf der Stirn. Gut sichtbar. Für alle anderen. Muss das sein?
Es ist ein starkes Zeichen. Das Kreuz aus der Asche. Auf die Stirn gezeichnet. Für immer. Ganz persönlich.
Ein leerer Tisch in der Pfarrkirche Gleisdorf
In der Fastenzeit 2024 steht heuer ein „leerer Tisch“ stellvertretend für viele andere leere Tische in der Pfarrkirche Gleisdorf. Es ist der schon altbekannte „Tisch der Begegnung“. Aber diesmal steht oder liegt nichts darauf. Nur eine Tischkarte mit Bildern und Texten. Reserviert für dich und mich. Fürs Mitnehmen und zum Daheimaufstellen. Herausforderung, Gesprächsanstoß und Unterlage für Gebet und Besinnung in den 40 Tagen der Fastenzeit. Denn Fasten ist mehr.
Wir wollen uns in unserem Seelsorgeraum in den 40 Tagen der Fastenzeit 2024 damit auseinandersetzen, wo die leeren Tische stehen, warum sie leer sind und bleiben, und andere sich biegen vor Essen und Spielzeug und Reichtum.
Für jede Fastenwoche gibt es eine Fasten-TISCHKARTE mit Impulsen. Man kann sie beim Gottesdienst mitnehmen und zu Hause auf dem Familientisch aufstellen, und sich mit den Kindern in der Familie mit den „leeren Tischen“ bei uns und in der Welt beschäftigen.
Aschermittwoch-Gedanken
Vor Jahren berichtete Otto Friedrich in der Wochenzeitung „Die Furche“ vom Gedichtband der Erzählerin und Galionsfigur der österreichischen Roma, Ceija Stojka. Darin berichtet sie von Ausschwitz:
… Asche Rauch Urnen / Brennen Asche / Asche in der Urne / …
Sie erzählt vom Atem der Vernichtung. Von Asche und Rauch. Von Asche und Kreuz. Erinnerung. Zeichen. Sie erinnert sich an das Grauen und den Tod. An die Auslöschung. Es ist ein Kreuz mit der Asche. Ein Kreuz aus Asche. Damit wir nicht vergessen, was Freiheit heißt. Mitten im prallen Leben.
… Mitten im Leben
In den FASTENRÄUMEN unserer Hoffnung. In unseren Kirchen, überall dort, wo wir den TISCH der Gemeinschaft finden, und uns um ihn versammeln.
… mitten in der woche
nach der ausgebrannten freude
der alltag hat uns wieder
und wir sitzen erschöpft
am tisch der sehnsucht
… mitten im leben
erfüllt mit ausgeglühten erwartungen
unsere luftschlösser
liegen in schutt und ASCHE
wollen wir reinen tisch machen
… mitten im tod auf aschfahler stirn
flammt plötzlich eine lichtspur auf
eine glut aus der ASCHE
und zeichnet ein kreuz
… mitten im auftischen
mit zittrigen händen
hören wir deinen namen, herr
wie leben und wahrheit
ähnlich wie hoffnung
jenseits des todes
und lassen uns dein zeichen
auf die stirn prägen
Helmut Loder
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Helmut Loder war in seinem früheren (Berufs)Leben leidenschaftlicher Fortbildner für Religionslehrer:innen an Pflichtschulen an der Privaten Pädagogischen Hochschule in Graz. Er lebt seit 4 Jahren im frei praktizierenden Unruhestand und setzt regelmäßig pastorale Impulse in der Advent- und Fastenzeit, im Marienmonat oder im Oktober zu Franziskus, besonders in der Pfarre. Malt und schreibt gern und gibt einen spirituellen Wochenbrief namens „KAIROS“ für Interessierte – Vom Leben & Glauben in Bodennähe, heraus. Freut sich über jede Form der Kontaktnahme – helmut[a]lodernet.com.
Alle Bilder: Helmut Loder