Einige unserer LeserInnen haben auf den Beitrag von Daniel Bogner Diese Kirche tötet reagiert. Ihre Kommentare sind vielfältig, konstruktiv, teilweise kritisch. Sie alle aber zeigen, dass diese Kirche ihr Gesicht ändern muss.
Diese Stimme hat mir – unter all den Stimmen, die ich bis anhin hörte – gefehlt. Eine Stimme, die sich nicht in Durchhalteparolen, in Verniedlichung oder in Empörung erschöpft, sondern hinschaut, nach-denkt und uns in Erinnerung ruft, dass die Römisch-Katholische Kirche, so sehr wir uns ihr auch verpflichtet fühlen, nicht der einzige Ausdruck des Christentums ist. Danke Herr Bogner.
Rolf Maienfisch, Chabrey/CH
—
Nachdem ich den Beitrag „Diese Kirche tötet“ von Daniel Bogner gelesen habe, muss ich als Philosoph einmal nachhaken: In diesem Beitrag wird von einem „dunklen Kern“ der Kirche gesprochen, der als Konglomerat aus Lehre und Praxis „eine vergiftende und in bestimmten Lagen tödliche Wirkung“ entfalte. Es werden dann Elemente aufgezählt, aus denen sich dieser dunkle Kern speise, und unter diesen Elementen wird das „neoplatonische Einheitsdenken“ angeführt.
Als Philosoph, der bei seinen universitären Lehrern u.a. die klassischen Neuplatoniker und analytische Metaphysik (in der auch Substanzontologien vertreten werden) gelehrt bekam, bin ich durch derlei Charakterisierungen philosophischer Gedanken höchst irritiert. Selbst wenn im Beitrag von Bogner angefügt wird, dass keines der genannten Elemente für sich genommen in direkter Weise zu Missbrauch führe, so gehören sie doch zur „Gelegenheitsstruktur“ des Missbrauchs.
Eine Philosophie, die so etwas Entsetzliches wie die Missbrauchsstrukturen fördert, ist moralisch diskreditiert und kann nicht mehr ernsthaft vertreten werden. Man macht sich dadurch mitschuldig an den Verbrechen und wird, sobald diese Zusammenhänge einmal klar sind, wissentlich zu einem philosophischen Komplizen des Missbrauchs und seiner Vertuschung. Durch die wenig erläuterte Herstellung solcher Zusammenhänge werden ganze Philosophien, die in der philosophischen Forschung auch heute noch behandelt und vertreten werden, stigmatisiert und kriminalisiert. Die theologische Anthropologie von Thomas Pröpper setzt die transzendentale Logik von Hermann Krings voraus, in welcher die retroszendente Struktur des Ich auf eine vorgängige Einheit von Ich-Subjekt und Ich-Objekt verweist, was letztlich ein über Fichte vermittelter Gedanke des Neuplatonismus ist. Befördert eine solche Anthropologie dadurch Missbrauchsstrukturen?
Ich bin der Ansicht, dass solche Thesen aus theologischer Feder auch im theologischen Feuilleton einer ausführlicheren Begründung bedürfen. Erst wenn Argumente angeführt oder näher erläutert werden, hat man als Philosoph*in die Möglichkeit, sich mit solchen Angriffen rational auseinanderzusetzen.
Dr. Ruben Schneider, München/D
—
I find myself in complete agreement with Daniel Bogner on many points, especially the problem of the sacralization of power, and the need to separate or differentiate ideas about power. Even more do I agree about the profound need for overcoming what you rightly call the „false self-perception of the Church.“
A.A.J. DeVille, Ph.D, Fort Wayne/US
—
Daniel Bogner sei Dank für seine luzide und engagierte Analyse. Ich muss daraus schliessen, dass die Strukturen des Bösen einem Geschwür ähnlich die römisch-katholische Kirche in ein beinahe undurchdringliches System von Machtinteressen verwandelt haben. Folge ich dem Autor weiter, haben die lange verdrängten Elemente des toxischen Kerns der Kirche ihre fatale Wirkung entfaltet. Eines dieser Elemente ist tatsächlich die besondere ‘Repräsentatio Christi’, die sich rechtlich einzig und allein auf die ‘geweihten’ und mit besonderen Machtbefugnissen betreuten (!) Personen – ob Priester oder von ihnen abhängige Ordensoberinnen – einschränken liessen.
Nun stehen auch weiterhin trotz einiger Fortschritte im Selbstverständnis aller im Volk Gottes Mitwirkenden die einfachen Getauften und Gefirmten dem Klerus gegenüber. Statt weiter dem Klerikalismus pur Tor und Tür zu öffnen, müsste kirchenrechtlich das Mitwirkungsrecht noch deutlicher nach biblischem Vorbild verankert werden. Es kann nicht sein – wozu das Kirchenrecht heute noch tendiert –, dass wo kein Kleriker mehr ist, auch keine Kirche mehr ist. Die tendenzielle Absurdität solcher Aussagen ist Aussenstehenden oder nur schon dem Geschehen einer Eucharistiefeier Näherstehenden kaum mehr vermittelbar.
Noch bedeutungsloser wird darum ein anderer Begriff: Wie steht es um das so genannte allgemeine Priestertum? So kommt Clemens Leonhard zum provokanten Schluss: «Der Begriff des Gemeinsamen Priestertums aller Getauften diente so oft der Verschleierung von theologischen und kirchenorganisatorischen Problemen, dass sich sein einzig legitimer Platz in einem historischen Repertoire nutzloser Theologoumena findet».[2]
Die Bereinigung der Situation wird nun zu einer der grössten Herausforderungen in der Kirchengeschichte. Wird dies gelingen? Eine der Bedingungen liegt darin, den Menschen nicht nur die eigene Zerknirschung zu zeigen, sondern neuen, reinen Wein einzuschenken – und wenn die Botschaft noch so provozierend ist, die sich aus der Reich-Gottes-Botschaft des Jesus aus Nazareth ergibt. Dazu gehört, den Rechts-Status jeder Person in der Kirchen-Organisation am Modell festzumachen, welches Jesus in seinen Begegnungen mit den damaligen Systemen in Gesellschaft und Religion vorgelebt hat.
Das Gesicht dieser Kirche wird sich ändern müssen.
Dr. Stephan Schmid-Keiser, St. Niklausen/CH
—
J’adresse toutes mes félicitations à l’auteur de cette réflexion de fond. Les souffrances des victimes d’abus de toutes sortes sont en train de faire sauter le frein idéal que la hiérarchie épiscopale et vaticane avait réussi à mettre aux intuitions essentielles du Concile Vatican II, en particulier pour la place des laïcs dans l’Eglise. Les évêques étaient presque arrivés à nous faire croire qu’ils représentaient l’Eglise à eux tout seuls. Ça n’est désormais plus possible et ils doivent commencer un chemin d’humilité en ayant le nez plongé dans le caca catholique. C’est certain qu’ils n’apprécient pas, surtout ceux qui répondent à leur courrier avec leurs armes héraldiques de faux seigneurs, avec des petits chapeaux avec plus ou moins de glands. Ils sont contraints et forcés à devenir humbles et à ne plus être traités d’excellences et de monseigneurs ! Comme tout un chacun, pour la part qui est la leur, et qu’il ne faut pas renier, ils sont relatifs à la totalité du Peuple de Dieu, du Corps du Christ et du Temple de l’Esprit. Cette relativité est salutaire et elle est voulue par le Saint-Esprit lui-même.
L’auteur a raison : ça n’est pas la fin de la foi chrétienne parce que les cardinaux et les évêques sont renversés de leurs trônes et renvoyés les mains vides par l’ouverture des fosses à purin qu’ils ont contribué eux-mêmes à remplir. Pour ma part, je suis prêt spirituellement à cette ère nouvelle qui s’ouvre pour l’Eglise. Bien que je sois prêtre et heureux de l’être, je fais quand même attention à ne pas trop fréquenter de près les évêques et les prêtres qui sortent de la fosse à purin en sentant vraiment très mauvais, surtout ceux qui essayent de nous faire croire que ça n’existe pas et qui tentent, en vain, de mettre un couvercle dessus ! Mais Daniel Bogner a raison : c’est par la pratique de l’humilité qu’ils redeviendront propres. Pour l’instant, on n’en est pas encore là et on les regarde tomber les uns après les autres. Je souhaite vivement que l’effort de pensée et de réflexion que Daniel Bogner commence soit poursuivi par les intellectuels et les spirituels. Nous en avons tous besoin et les efforts de tous sont utiles et nécessaires.
Père Pierre Vignon, Saint-Martin-en-Vercors/F
—
Sehr geehrter Herr Bogner,
Ich möchte Ihnen einfach kurz sagen, wie sehr mir Ihre Einschätzungen und Ihre Analyse in meinem Christin-Sein helfen, wie sie meine eigene Sicht schärfen und mich genauer hinschauen lassen. Und wie sehr ich es schätze, dass Sie als Professor den Hörsaal – schreibend – verlassen und im Kontext Ihrer Disziplin auch (kirchen-)politische Verantwortung übernehmen, wie ich es verstehe. Genau so stelle ich mir Moraltheologie/Ethik vor. Ich bin sehr dankbar für Ihre Stimme.
Jacqueline Keune, Luzern/CH
—
Thanks Daniel, for the well said write up. Reflecting these days what or who killed Jesus. Your write up is timely.
Sister Margaret Gonsalves, Washington/US
___
[1] Norbert Lüdecke: Feiern nach Kirchenrecht, in: Feste und Feiern, JBTh 18 (2003) 359-456, 426.
[2] Clemens Leonhard: Nonne et Laici Sacerdotes Sumus? Zur Problematik des Begriffs des Gemeinsamen/Allgemeinen Priestertums aller Getauften, in: Zwischen-Raum Gottesdienst. Beiträge zu einer multiperspektivischen Liturgiewissenschaft, hrsg. von de Wildt Kim, Kranemann Benedikt, Odenthal Andreas, Stuttgart 2016, 134-148, 148. Bereits erwähnt unter https://www.feinschwarz.net/ekklesiologisch-ohnmaechtig-und-doch-ermaechtigt/#more-11359