Hanspeter Schmitt hatte über kirchliche Diskurskulturen nachgedacht. Eine Reaktion von Karl-Dieter Müller.
HP Schmitt zeigt in seinem Artikel vom 26.4. in dankenswerter Deutlichkeit (und ja leider für feinschwarz und andere in Wiederholungsschleife) die „fruchtlose Dauerdiskursivität“ in katholischer Kirche auf – durch „diskursfremd eingesetzte amtliche Macht“. Wie aber noch auf Veränderung, „Umkehr und Erneuerung“ … durch die eingeforderte „System-und Machtkritik“ hoffen können angesichts der röm.-kath. Wirklichkeit? Vgl. nur das Scheitern (?)des Synodalen Weges – nicht nur durch die römischen Machtworte und Stoppschilder – in der Frage von Macht und Partizipation in einer monokratischen u. zentralistischen Klerikerkirche (vgl. dazu die Reformvorschläge einer neuen Verfasstheit u.a. von Tine Stein in feinschwarz); das zuletzt in den Freiburger u. Mainzer Missbrauchsstudien aufgezeigte Systemversagen – toxische Strukturen und kaltherzige Leitungspersonen; der ungelöste Konflikt zwischen Theologie und Lehramt in aktuellen theologischen (und auch kirchenpolitischen) Fragen – lebensfeindliche Lehren und die ermüdende Frage, was an der bestehenden Lehre verändert werden kann und muss; die existenzielle Legitimationskrise durch den Selbstwiderspruch zwischen kirchlichem Handeln und der ihr aufgetragenen Botschaft; ein Synodalitäts-Begriff ohne reale Mitbestimmungs-/ Entscheidungsmöglichkeiten der sog. „Laien“, des Volkes Gottes; und nicht zuletzt der Aufweis, dass die KirchenKrise viel elementarer ist (vgl.schon, was J.B. Metz „Gotteskrise“ genannt hat).
Was ersschwert, was erleichtert Veränderungen in der Kirche (M. Ebertz)? Was sind die „Zeichen der Zeit“? Innerhalb der Kirche konkurrieren nicht nur unterschiedliche Interpretationen des gesellschaftlichen Kontextes, sondern auch unterschiedliche, ja gegensätzliche Kirchenbilder mit ihren Optionen, extreme und mehr oder weniger inklusive oder exklusive, die sich wechselseitig blockieren. Auch HP Schmitts Text könnte Kirche ja Anstoß zu gewissenhaften Diskurskriterien geben, zu einer Kultur des Streitens, zu Verfahren der verbindlichen Verständigung über sich selbst, über das Verhältnis zu ihren Umwelten, über ihre Ziele und Strategien und ob sie überhaupt als Institution lernen will …(vgl. in Ökumene die mangelnde röm.-kath. Rezeption). Was wir als Getaufte hier und heute tun können, um Veränderungsprozesse, Mitentscheidung und Partizipation in der Kirche zu stärken, ist in vielen klugen Texten, Büchern und Aufrufen… ausgeführt. Nutzen wir also trotzdem (s.o.) unsere Freiheit und institutionellen Möglichkeiten (verankert im Glaubenssinn des Gottesvolkes/2. Vat. Konzil) für Reformen (in) der Kirche auf lokaler, nationaler und weltkirchlicher Ebene! „Anders katholisch werden“ (Julia Knop, HerKor 2/2023)!
Wie Schmitt zum Abschluss aufzeigt, können wir nicht nur als Einzelpersonen, sondern auch als Gruppen, Gemeinschaften, Räte, Organisationen Verbände und Gemeinden … schon heute eigenverantwortlich als Nachfolgegemeinschaft von Freien und Gleichen leben (vgl. Galater 3,28 u. 5,1) – „Gott bezeugen und den Menschen dienen“ (em. Bischof Wanke/Erfurt).
Karl-Dieter Müller. Münster