Die Kolumne für die kommenden Tage 56
Die Zeit der Corona-Gefahr scheint zu Ende zu gehen. Ich schaue zurück. Welche Erfahrungen habe ich in diesen letzten Wochen gemacht? Was habe ich gelernt? Was werde ich nicht mehr so leicht vergessen?
Am Anfang der Corona-Gefahr bin ich gleich einmal in Quarantäne gekommen. Aufgrund eines Handschlags mit einer Person, die später als infiziert festgestellt wurde. Die Quarantäne, wenn man sie ganz allein verbringt, zum Schutz der Nächsten, ist eine sehr einsame Zeit. Auch für mich im Kloster war es eine neue Erfahrung, so einsam zu leben. Es gab zwar Austausch durch Telefonate, e-mails und facebook. Doch letztlich ist es eine sehr einsame Zeit: allein beten, allein essen, den ganzen Tag allein. Doch Gott ist gerade in der Einsamkeit besonders nah und als helfend erfahrbar. Das habe ich gespürt. Dafür bin ich IHM dankbar. Diese Erfahrung meiner Einsamkeit und der helfenden Nähe Gottes inmitten der Einsamkeit werde ich nicht so leicht vergessen.
Die Rückkehr in das Gemeinschaftsleben unserer Hausgemeinschaft im Kloster war beglückend. Gerade in der Zeit von Corona ist im Kloster das Gemeinschaftsleben besonders dicht und stark erlebbar. Außenkontakte mit Leuten außerhalb des Klosters mussten in den Wochen von Corona auf ein Minimum beschränkt bleiben, zum Schutz der Nächsten. Auch wenn wir im Kloster sicherheitshalber größere Abstände als sonst sowohl in der Kapelle als auch im Speisesaal einhielten, die Gemeinschaft war gerade in diesen Wochen von Corona stärker zu spüren als sonst. Wir waren einander die einzigen, mit denen wir regelmäßig zusammengekommen sind. Umso mehr ist da das Bedürfnis des gegenseitigen Austauschs, des gemeinsamen Gesprächs. Die Gemeinschaft besonders intensiv erfahren zu haben in den Wochen von Corona ist ein Geschenk, für das ich dankbar bleibe und auf dem ich weiterbauen möchte auch über die Zeit von Corona hinaus.
Die Feiern der heiligen österlichen Tage mit der Osternacht als Höhepunkt waren – trotz aller Trauer über die Abwesenheit einer großen Gottesdienstgemeinde – doch sehr feierlich, berührend und geradezu intim. Wir konnten diese Liturgien in der Hausgemeinschaft feiern, so wie täglich die Konventmesse und täglich das Chorgebet. Ein Privileg, das uns Mönchen in der Klostergemeinschaft in diesen Tagen deutlich bewusst wurde, neben aller Sehnsucht nach unseren Mitmenschen draußen gerade in dieser Zeit der Isolation. Dass wir fest für alle beten, die in diesen Tagen besonders viel Kraft brauchten, für die Kranken, für die Ärzte und für alle weiteren helfenden Leute, das hat uns in diesen Tagen besonders begleitet. Doch die Feier der Liturgie einmal als einzige Hauptaufgabe des Klosters zu erfahren, ohne Ablenkungen durch viele Termine, Projekte und Pläne, war auch kostbar.
Auch wenn ich manche Erfahrungen jetzt im Rückblick als positiv erkenne, so freue ich mich und hoffe ich jetzt doch schon sehr auf die Rückkehr der Normalität, auf den Kontakt mit vielen Mitmenschen, auf die Leute, die unser Stift bei Führungen oder als verweilende Gäste oder als Pilger besuchen, auf gut besuchte Gottesdienste zumindest an den hohen Feiertagen und auf ein Leben ohne die zahlreichen Einschränkungen – und auf eine Welt ohne Corona.
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Autor: P. Dr. Pius Maurer OCist ist Abt des Zisterzienserklosters Stift Lilienfeld in Niederösterreich.
Beitragsbild: Kreuzgang des Stiftes Lilienfeld (Foto: J. Pock)