Barack Obama hat die 1.000 Seiten seiner Biographie gar mit der Hand geschrieben. Joachim Hake schreibt jeden Morgen Texte ab. Im Schreiben lässt sich Eigenes und Fremdes nach- und zusammendenken – das Reich Gottes und die Reiche dieser Welt. Eine Abschrift aus den „Entleerten Geheimnissen“ von Tiemo Rainer Peters.
„Johannes Baptist Metz stand vor der Frage, wie man dem Dilemma entkommen kann, in das der Reich-Gottes-Glaube immer wieder und von Anfang an zu führen droht: der Verjenseitigung und damit Entzeitlichung des Reiches auf der einen Seite und seiner Politisierung und Instrumentalisierung auf der anderen. […] In den frühen 1970er Jahren hatte sich Metz mit einem Vorschlag zu Wort gemeldet, der dem Reich-Gottes-Begriff einen anderen Sinn und neuen Ernst verleiht. Wer das Reich Gottes zu identifizieren und auf den Begriff zu bringen versucht, erkennt, dass es nichts anderes ist als das Reich der politischen Verhältnisse und Organisationen, aber wahrgenommen aus einer besonderen Blickrichtung.
Das Reich Gottes ist das Reich der politischen Verhältnisse.
Es ist ‚jene Weltgeschichte‘ heißt es bei Metz […], in der den besiegten und vergessenen Möglichkeiten menschlichen Daseins, die wir ‚Tod‘ nennen, ein Sinn in Aussicht gestellt wird, der durch den Ablauf künftiger Geschichte nicht widerrufen oder aufgehoben wird.1 […] Das Reich Gottes ist nichts, das neben oder über den anderen Reichen der Welt schwebte. Kein Super-Reich, das still und verborgen auf sein Offenbarwerden wartete. Es liegt vielmehr, deutlich unterschieden und für jeden Aufmerksamen sichtbar, inmitten der globalisierten Welt, ein Gegenbild alles Verachteten, Unterdrückten und Vernichteten. Das Reich Gottes ist die Antigeschichte des Leidens, wie sie im Blick derer entsteht, die betroffen sind und sich betreffen lassen. […]
Das Reich Gottes ist die Antigeschichte des Leidens.
Das Reich Gottes, so zeigt sich nun, ist immer schon da, weil die Armen gekommen sind, die die Gleichgültigkeit ihnen gegenüber als das entlarven, was sie ist: Struktur gewordene Gewalt. Das Reich Gottes senkt sich also nicht von oben auf die Erde herab. […] Es kommt von unten. Es zeigt sich, genauer gesagt, im Blick von unten, wodurch die wirklichen, das heißt die menschheitsbestimmenden Verhältnisse sichtbar und spürbar werden.2
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Bild: Birgit Hoyer