In der Satzung des Synodalen Weges werden Opfer/Betroffene sexualisierter Gewalt im Raum der Katholischen Kirche nicht eigens genannt. Gerade ihre Stimmen und ihr Mitwirken bräuchte aber der angestrebte Umkehr- und Erneuerungsprozess. Ein Zwischenruf von Patrick Bauer und Ulrich Feeser-Lichterfeld.
Die „Satzung des Synodalen Weges“ (Link: dbk.de PDF) ist veröffentlicht. Sie wurde von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und dem Hauptausschuss des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) beschlossen. Lediglich eine endgültige Annahme durch die Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken steht noch aus. Beschlusstermin ist der 22. November 2019.
Die große Zahl sexueller und sexualisierter Gewalt war Auslöser für den Beratungsprozess.
Zu Beginn der Präambel heißt es: „Die Katholische Kirche in Deutschland macht sich auf einen Weg der Umkehr und der Erneuerung. Wir stellen uns der schweren Krise, die unsere Kirche, insbesondere durch den Missbrauchsskandal, tief erschüttert. Wir setzen auf das große Engagement aller, die in der Kirche aktiv mitarbeiten.“
Damit wird in begrüßenswerter Klarheit nochmals herausgestellt, was der Auslöser für den projektierten Beratungsprozess war: Die große Zahl der im letzten Jahrzehnt bekanntgewordenen Fälle sexueller und sexualisierter Gewalt im Raum der Katholischen Kirche und die offenkundigen Hinweise durch die im Herbst letzten Jahres veröffentlichten Ergebnisse der sog. MHG-Studie auf strukturell-systemische Ursachen dieses Machtmissbrauchs.
Aufarbeitung und Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche wird lediglich als zweite Aufgabe des Synodalen Weges beschrieben.
Zum Abschluss der Frühjahrs-Vollversammlung der DBK vom 11. bis 14. März 2019 in Lingen wurde dann von Kardinal Marx der Beschluss der Bischöfe verkündet, sich als Konsequenz aus der Missbrauchs-Krise gemeinsam mit dem ZdK auf einen Synodalen Weg zu begeben (Link: dbk.de). In seinem Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom 29. Juni 2019 (Link: dbk.de PDF) greift Papst Franziskus in seiner Ermutigung zur pastoralen Bekehrung diesen Auslöser für den Synodalen Weg nicht auf.
Auch in der jetzt vorliegenden Satzung des Synodalen Weges wird in Artikel 1 lediglich als zweite Aufgabe beschrieben, dass „die Deutsche Bischofskonferenz regelmäßig über die Maßnahmen zur Aufarbeitung und Aufklärung des sexuellen Missbrauchs in der Kirche, die damit verbundenen Maßnahmen zu dessen Prävention und Verhinderung in der Zukunft sowie die Schritte zur Einführung einer zeitgemäßen Straf- und Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ berichten wird.
Erste Aufgabe soll die gemeinsame Suche nach „Schritten zur Stärkung des christlichen Zeugnisses“ sein.
Erste Aufgabe soll die gemeinsame Suche nach „Schritten zur Stärkung des christlichen Zeugnisses“ sein – unterteilt in fünf Themen- und Handlungsfelder: „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Priesterliche Existenz heute“, „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“, „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“.
Diese Thematiken, so wichtig sie sind, lassen wohl lediglich für kirchenkundige Menschen ihre indirekte Herkunft aus dem Kontext der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und der künftigen Präventionsarbeit erkennen. Stattdessen könnte der Eindruck entstehen (und die Auseinandersetzungen der letzten Wochen weisen in diese Richtung), das kirchliche Interesse hätte sich sehr schnell wieder auf die üblichen Grabenkämpfe und Stellungskriege der institutionellen Selbstbeschäftigung zurückgezogen.
Artikel 3 der Satzung schlüsselt dann die Zusammensetzung der Synodalversammlung auf, Artikel 4 beschreibt den Kreis der Beobachterinnen und Beobachter sowie Gäste der Synodalversammlung, Artikel 5 weist auf die Geistliche Begleitung des Synodalen Weges hin, Artikel 6 und 7 benennt, wer zum Synodalpräsidium bzw. erweiterten Synodalpräsidium gehören soll. Artikel 8 spricht davon, dass zu den thematischen Synodalforen neben Mitgliedern der Synodalversammlung auch weitere Beraterinnen und Berater hinzugewählt werden. Artikel 9 schließlich weist auf die Rolle und Funktion des Sekretariats des Synodalen Weges hin.
Opfer/Betroffene bzw. Opfer-/Betroffenenvertreter_innen werden in der Satzung nicht eigens genannt.
Opfer/Betroffene bzw. Opfer-/Betroffenenvertreter_innen werden in der Satzung nicht eigens genannt. Aber gerade ihre Stimmen und ihr Mitwirken – nicht nur als Zeugen oder Beiräte, sondern als Mitverantwortliche – bräuchte der angestrebte Umkehr- und Erneuerungsprozess. Wurde um ihr Mittun geworben? Wird man es noch vor dem offiziellen Start des Synodalen Wegs am 1. Adventssonntag tun?
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Patrick Bauer, Mitglied im Betroffenenbeirat des Erzbistums Köln
Dr. Ulrich Feeser-Lichterfeld, Professor für Praktische Theologie mit Schwerpunkt Praxisbegleitung, Praxisforschung und Pastoralpsychologie an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen
Bild: Logo des Synodalen Weges, dbk.de